Nun kommt die gelbe Hypothek: Der Bundesrat will der Postfinance künftig erlauben, auf eigenes Risiko Hypotheken und Kredite zu vergeben. Seiner Meinung nach ist ohne diesen Schritt langfristig kein erfolgversprechendes Geschäftsmodell möglich. Der Bundesrat wird nun eine Gesetzesänderung ausarbeiten.
Postfinance verfügt zwar schon länger über eine Banklizenz. Doch mit der eigenen Kreditvergabe wird die Bank in Bundesbesitz erst zu einer richtigen Bank. Eine Bank vor der sich marktführende Hypotheken-Anbieter wie die Kantonal- und Raiffeisen-Banken warm anziehen müssen.
Freiheiten haben einen Preis
Der Preis, den Postfinance für die neuen Freiheiten bezahlt: Sie muss laut dem Bundesrat die zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen für systemrelevante Inlandbanken primär durch den Aufbau von Eigenkapital und ohne staatliche Absicherung bereitstellen. Diese Anforderungen werden voraussichtlich per 1. Januar 2019 in Kraft treten. Bisher war Postfinance ratlos, wie sie ab nächstem Jahr ohne Bundeshilfe ein Finanzpolster von 2 Milliarden Franken aufbauen soll. Dickere Kapitalpolster mussten seit der Finanzkrise alle systemrelevanten Banken aufbauen.
Goldesel Postfinance ausgemolken
Lange hat Postfinance-Chef Hansruedi Köng über das Korsett, das ihm die Politik mit dem Verbot auferlegte, gejammert. Da Postfinance über Jahre Gewinne erzielte – und der Goldesel des Post-Konzerns war, verhallten seine Forderungen.
Es ist kein Zufall, dass der Bundesrat den Entscheid für mehr Freiheiten bei der gelben Bank heuer gefasst hat. Postfinance wird dieses Jahr erstmals deutlich weniger Gewinn erzielen als in den Vorjahren. Im ersten Halbjahr 2018 hat Postfinance wegen dem Tiefzinsumfeld einen Gewinneinbruch erlitten.
Die Negativzinsen, die sie per 1. Oktober bei Privatkunden mit einem Vermögen über 500’000 Franken, einführt, begründete Postfinance unter anderem mit dem Kreditverbot. Ausserdem gab Postfinance im Juni einen Stellenabbau von 500 Personen bis Ende 2019 bekannt, «um die Kosten angesichts schwindender Erträge zu senken.»
Postfinance erleichtert
«Die Aufhebung des Kreditverbots hat für uns oberste Priorität», sagte Postfinance-Sprecher Johannes Möri dem BLICK. Das Verbot sei ein grosser Wettbewerbsnachteil und wirtschaftlich schädlich.
«Wenn der Preis für die Aufhebung des Kreditverbots eine Teilprivatisierung ist, dann sollten wir diesen Weg gehen – auch wenn wir dadurch das zusätzlich benötigtes Eigenkapital aus der Systemrelevanz ohne Bund aufbauen müssen», sagte Möri weiter.
Bisher bot die gelbe Bank ihren Kunden zusammen mit den Partnern «Münchner Hypotheken Bank» und Valiant Hypotheken an. Das Hypothekvolumen belief sich per Ende Juni auf 5,75 Milliarden Franeken - ein Bruchteil der Gesamtbilanzsumme von 126 Milliarden Franken.
Öffnung auch für neue Aktionäre
Ab wann Postfinance die Hypotheken auf ihre eigenen Bücher verbuchen kann, hängt laut Möri vom politischen Prozess ab. Klar ist, Postfinance hat genügend Geld auf der hohen Kante, um im Geschäft den Hypothekenmarkt aufzumischen.
Der Bundesrat betonte, dass Postfinance keine Staatsgarantie geniesse und verpflichtet sei, die Grundversorgung im Zahlungsverkehr zu erbringen. Zudem ist aus seiner Sicht die Öffnung des Aktionariats nötig, um das zusätzlich notwendige Eigenkapital zu beschaffen und die Beteiligungsrisiken des Bundes zu reduzieren. Postfinance soll trotzdem Teil des Postkonzerns und mehrheitlich in der Hand des Bundes bleiben.
Syndicom kritisiert «Schlaumeierei»
Die Gewerkschaft Syndicom bezeichnet die Aufhebung der Verbote für Postfinance als politische Schlaumeierei. Die Teilprivatisierung sei unnötig und habe möglicherweise weitreichende Folgen, teilte sie am Mittwoch mit.
Mit Postfinance garantiert der Staat laut Syndicom eine Grundversorgung mit Finanzdienstleistungen. Gerade während der Bankenkrise habe sich Postfinance als sicherer Hafen für die breite Bevölkerung bewährt.
Doch bei einer Aufsplittung von Postfinance werde die politische Einflussnahme, um die Ansprüche an die Grundversorgung durchzusetzen, erschwert. Die Gewerkschaft befürchtet zudem eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.
Konkurrenz gegen gelbe Hypos
Die Schweizer Inlandbanken wollen nicht, dass Postfinance selber Kredite vergeben darf. Sie befürchten mit der Aufhebung des Kreditverbots, dass vor allem kleinere Regionalbanken vom Markt verdrängt würden.
So haben sich die Migrosbank, Raiffeisen, der Verband der Schweizerischen Kantonalbanken und der Verband der Regionalbanken VSRB bereits im Juli 2018 aus Anlass einer parlamentarischen Motion der Grünliberalen geäussert. (gnc/SDA)