Unzimperlich drückte sich der Präsident der Disney & Pixar Animationsstudios aus: Ihre Filme seien anfangs «scheisse» gewesen, «und ich meine: Scheisse», sagte Ed Catmull (71) – unter Gelächter des Publikums am World Web Forum 2017 in Oerlikon ZH. Die Idee zum Film «Ratatouille» habe sich erst über zwei Jahre zu dem entwickelt, was ein Kassenschlager werden sollte.
Entwicklung, Veränderung, Transformation. Über dieses Thema tauschten sich am gestrigen Branchen-Stelldichein Vertreter der digitalen Welt aus. Doch es geht nicht nur um Unternehmen. «Die Menschen müssen sich verändern», sagt Jeremy Abbett (45) von Google. Wollten die Schweizer zum Motor der europäischen Digitalisierung werden, müssten sie ihre Angst vor dem Scheitern ablegen.
Pierin Vincenz lässt sich inspirieren
Helvetia-Präsident und Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz (60) sieht das ähnlich. Zwar habe man in der Schweiz das nötige Know-how, aber «Erfolg und Scheitern liegen nahe beieinander». Scheitern müsse Teil der Kultur werden.
Unweit von Vincenz lädt ein Start-up-Chef sein Handy in einem eigens dafür aufgestellten Schliessfach. Am anderen Ende der Halle steht der Erfinder des World Wide Web, Sir Tim Berners-Lee (61), in roten Turnschuhen auf der Bühne. Zuvor hat Bundesrat Johann Schneider-Ammann (64) den Forscher für sein Lebenswerk ausgezeichnet: «Wir Schweizer sind speziell stolz», weil Berners-Lee das Internet am CERN in Genf entwickelte.
«Weil es so divers ist, ist dieses Forum eine super Plattform», sagt Swisscom-Chef Urs Schaeppi (56). Seine Swisscom hat mit 49 anderen Schweizer Unternehmen ein digitales Manifest erarbeitet. Es fordert etwa frühe Informatik-Bildung, damit die Schweizer Digitalwirtschaft eine Führungsrolle übernehmen kann. Dieses Manifest übergaben gestern Marc Walder (51), CEO des BLICK-Verlagshauses Ringier, und FDP-Nationalrat Marcel Dobler (36) an Schneider-Ammann.
Schneider-Ammann und die Windmühlen
Der Wirtschaftsminister beschrieb die Digitalisierung als Wind, den man nutzen könne. «Wenn der Wind bläst, bauen manche Mauern, andere Windmühlen», zitiert er ein chinesisches Sprichwort. «Dieses Manifest ist ein klarer Aufruf zu mehr Windmühlen in unserem Land!»
Keine Sorge vor einem Kampf gegen diese Windmühlen? So sehr Nerds und Digitalisierungs-Turbos hier unter sich sind, so klar ist man sich auch, dass nicht alle Menschen so denken. Wissenschaft, Politik und Wirtschaft müssten die Bedenken derjenigen ernst nehmen, die sich vor der digitalen Revolution fürchteten, so Schneider-Ammann.
Die Medien müssten den Menschen erklären, was die Digitalisierung für deren alltägliches Leben bedeute, erklärt Ringier-CEO Walder. Und auch Post-Chefin Susanne Ruoff (58) ist sich sicher: «Wir müssen die Bevölkerung mit auf den Weg nehmen.»