Die Kapsel war bis Dezember 1996 durch ein Patent geschützt, das dem Nahrungsmittelhersteller erteilt worden war. Im Juni 2000 beantragte das Unternehmen aus Vevey beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) die Eintragung der Form der Kapsel. Im Gegensatz zum Patentrecht, das eine Erfindung bis zu 20 Jahre lang schützt, gewährt das Markenrecht einen Schutz von zehn Jahren, der unbegrenzt verlängert werden kann.
Das IGE lehnte dies zunächst mit der Begründung ab, die Form sei alltäglich, sie sei nicht in das Gedächtnis der Konsumenten eingraviert und gehöre daher zum Gemeingut. Unter diesen Umständen sollte diese auch für Konkurrenten verfügbar bleiben.
Nach Beanstandungen von Nestlé registrierte das IGE schliesslich die Form. Der Schutz wurde zum letzten Mal im Mai 2020 verlängert. In der Zwischenzeit geriet Nestlé in einen Konflikt mit dem Unternehmen Ethical Coffee, das eine Kapsel mit ähnlicher Form entwickelt hatte, die mit Nespresso-Maschinen kompatibel ist, aber aus biologisch abbaubaren Pflanzenfasern und Stärke statt aus Aluminium besteht. Diese Kapseln wurden seit Anfang 2010 in Frankreich und der Schweiz verkauft.
Im September 2011 zogen Nestlé und Nespresso vor ein Waadtländer Zivilgericht, um den Verkauf dieser Kapseln zu verbieten. Nach einem langwierigen Verfahren mit mehreren Gutachten wies das Gericht diesen Antrag auf Untersagung ab und stellte die Nichtigkeit der vom IGE für die Nespresso-Kapsel erteilten Unterscheidungsmarke fest.
Das von Nestlé angerufene Bundesgericht kam in dem am Dienstag veröffentlichten Urteil zum selben Ergebnis, allerdings mit anderer Begründung. Das Waadtländer Zivilgericht war zum Schluss gekommen, dass der Schutz ungültig sei, da die Form der Kapsel Gemeingut sei. Es stützte seinen Entscheid auf eine Umfrage, die ergab, dass nur 33 Prozent der Befragten die Marke anhand des ihnen vorgelegten Fotos der Kapsel identifizieren konnten.
Das Bundesgericht entschied, dass der Ausschlussgrund der technischen Notwendigkeit Vorrang vor der Form haben sollte. Eine Form könne nicht als Marke eingetragen werden, wenn sie zwangsläufig von einem Konkurrenten verwendet werden müsse, der ein ähnliches Produkt vermarkten möchte.
Das Vorhandensein alternativer Formen müsse streng geprüft werden, hält das 1. Zivilgericht des Bundesgericht fest. Diese müssten gleichwertig sein und dürften keine Nachteile für die Konkurrenz mit sich bringen.
Aus den der Vorinstanz vorgelegten technischen Berichten gehe jedoch hervor, dass einige der von den Konkurrenten von Nespresso verkaufte Kapseln nicht frei von Mängeln seien. Diese Kapseln seien weniger widerstandsfähig gegen das Bersten bei geschlossener Maschine, liessen sich schwerer entnehmen, seien komplizierter und teurer in der Herstellung.
Auch wenn Nestlé an den verschiedenen Kapselformen von mehreren anderen Konkurrenten nichts auszusetzen hatte und nur die ähnlichen Ethical Coffee-Kapseln angriff, war der Experte der Ansicht, dass die Original-Kapselform zwar «technisch notwendig» sei, ohne aber eine absolute «technische Notwendigkeit» darzustellen.
So wurden die Aussenmasse, die Winkel der konischen Teile, der Kragen am Boden und die Kaffeekapazität entwickelt, um eine optimale Funktion im Nespresso-Kapselfach zu gewährleisten.
Da sich die Konkurrenten mit diesen Parametern auseinandersetzen müssten, bleibe ihnen nicht viel Spielraum. Die alternativen Kapseln haben eine sehr ähnliche Form wie die Nespresso-Kapseln, unterscheiden sich von diesen aber zum Beispiel durch Schlitze oder Streifen. Eine Studie zur Bekanntheit der Produkte habe auch gezeigt, dass die Konsumenten nicht zwischen den verschiedenen Produkten unterschieden könnten.
(Urteil 4A_61/2021 vom 7. September 2021)
(SDA)