Noch profitieren die SBB von einer Sonderstellung im nationalen Fernverkehr. Bis heute gibt es keine nationale Fernbusverbindung. Doch das Monopol der Bahn bröckelt, wie Recherchen von BLICK zeigen.
Beim Bundesamt für Verkehr (BAV), das für die Zulassung neuer Fernbus-Linien zuständig ist, gingen im letzten Jahr Bewilligungsgesuche für drei inländische Fernverkehrsstrecken ein. Das bestätigt das BAV. «Wir prüfen gegenwärtig, ob die Voraussetzungen für eine Konzessionserteilung erfüllt sind», sagt Sprecher Andreas Windlinger.
Die drei Gesuche stammen vom Schweizer Busunternehmen Domo Reisen mit Sitz in Glattbrugg ZH. Es geht um die Bewilligung einer Binnenverkehrslinie auf der Ost-West-Achse (St. Gallen–Genf Flughafen), einer Route von Basel über Zürich, Luzern, Göschenen UR nach Chiasso TI und einer Fernstrecke von Basel nach Brig VS. Letztere mit Haltepunkten unter anderem in Olten SO, Bern, Freiburg, Vevey VD, Montreux VD, Sitten und Visp VS.
Das Unternehmen Domo hat für die Routen seines Swiss-Express-Busses bereits Fahrpläne und Preise festgelegt. Zürich–Bern gibts ab zwölf Franken pro Platz und Weg, Basel–Zürich ab neun Franken. Alle drei Strecken sind ganzjährig und täglich im Angebot. Domo-Chef Roman Schmucki (53) will zudem mit Swissness, Wifi, TV und Bordbistro punkten. Billette werden allerdings noch keine verkauft. Schweizer Gesetze und Löhne würden auf jeden Fall eingehalten.
Drei Monate Bearbeitungsfrist
Denn noch sind die Gesuche nicht bewilligt. «Unter der Voraussetzung der Vollständigkeit der Gesuchsunterlagen beträgt die Bearbeitungsfrist drei Monate», sagt BAV-Sprecher Windlinger. Domo Reisen erwartet die Bewilligungen bis spätestens Ende März 2017, heisst es beim Busunternehmen.
Wie das BAV ebenfalls bestätigt, haben andere Fernbusanbieter bislang keine Gesuche eingereicht. Überraschend ist, dass Flixbus nicht vorpreschte. Der deutsche Billiganbieter bindet immer mehr Schweizer Städte in sein internationales Fernbusnetz ein. Und möchte auch im Schweizer Binnenverkehr Linien anbieten. Bislang scheute man offensichtlich den bürokratischen Aufwand.
«Es ist derzeit praktisch unmöglich, eine Genehmigung für irgendeine Strecke innerhalb der Schweiz zu bekommen. Das Bundesamt für Verkehr hat uns aber signalisiert, dass künftig Anträge für inländische Linien gestellt werden könnten», sagte Flixbus-Gründer André Schwämmlein (35) Anfang Dezember im Interview mit BLICK. Man sei in der Vorphase, solch ein Gesuch zu stellen.
Fernbus-Debatte gewinnt an Brisanz
Schwämmlein gab zu, es freue ihn, «dass das Monopol der SBB im Fernverkehr kritischer gesehen wird als vor ein paar Jahren». BAV-Direktor Peter Füglistaler sagte im Herbst, dass für gewisse Verbindungen Busse die ideale Ergänzung zum Bahnsystem wären. Zum Beispiel Querverbindungen zwischen mittelgrossen Städten, aber auch Strecken wie Zürich–Bern. Und dass eine nationale Busverbindung mit dem bestehenden Recht nicht kollidiere.
Die seit Monaten laufende Fernbus-Debatte in der Schweiz gewinnt nun durch die Bewilligungsgesuche von Domo Reisen an Brisanz.