«Postauto wird jeden geschuldeten Franken zurückzahlen.» Das versprach Postpräsident Urs Schwaller (65) am Montag. Um wie viel es dabei geht, ist aber umstritten. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) geht von 78 Millionen Franken aus, die die Posttochter zwischen 2007 und 2015 mit Buchungstricks von Bund und Kantonen erschlichen hat. Die von der Post eingesetzten Experten kommen hingegen auf eine andere Summe: 90,9 Millionen.
Postauto betrügt seit 20 Jahren
In Tat und Wahrheit dürfte es noch viel mehr Geld sein. Denn wie Schwaller am Montag auch sagte, hat der Bschiss am Steuerzahler schon viel früher begonnen, «wahrscheinlich vor dem Jahr 2000». Ob dieses Geld an Bund und Kantone zurückgezahlt wird, ist aber unsicher. Rein rechtlich ist die Verjährungsfrist von zehn Jahren verstrichen.
Ausgerechnet ein Anwalt stellt diese Begründung nun in Frage. «Es stellt sich die Frage, ob es reicht, wenn die Post nur zurückzahlt, was sie zwischen 2007 und 2015 ertrickst hat», findet der Aargauer FDP-Nationalrat Thierry Burkart (42).
Er fordert, dass die Post unabhängig von der Verjährungsfrist für den gesamten Schaden aufkommt, und hat gestern einen entsprechenden Vorstoss eingereicht. «Die Post sollte sich als staatliches Unternehmen, das gegenüber Bund und Kantonen eine gesteigerte Verantwortung hat, nicht nur an der juristischen Verjährung orientieren», sagt er.
Auch Bund und Kantone wollen mehr Geld zurück
Burkart ist nicht der Einzige, der eine weitergehende Rückzahlung fordert. Auch das BAV, das den Postauto-Bschiss im Februar aufgedeckt hat, denkt in diese Richtung. «Das BAV überlegt, ob es auch für die Jahre vor 2007 entsprechende Rückzahlungen einfordern wird», bestätigt Sprecher Gregor Saladin.
Und auch die Kantone wollen sich nicht einfach abspeisen lassen. Die Konferenz der kantonalen Verkehrsdirektoren steht deswegen in engem Kontakt mit dem BAV. Der Berner Regierungsrat Christoph Neuhaus (52) dürfte für viele seiner Kollegen sprechen, wenn er sagt: «Es gibt nicht nur eine juristische, sondern auch eine moralische Verantwortung. Für mich ist klar: Zu Unrecht bezogene Steuergelder müssen zurückgezahlt werden.»
Der Aufwand soll sich in Grenzen halten
Muss die Post jetzt nochmal über die Bücher, um herauszufinden, ab wann genau getrickst wurde und um welche Summe der Steuerzahler gebracht wurde? Und ist das überhaupt möglich? Viele Dokumente von damals dürften längst vernichtet sein.
«Sicher wäre es zu viel verlangt, die Vorjahre minutiös zu prüfen», gibt sich Burkart kulant. Aber: Mit einer Hochrechnung aufgrund der zwischen 2007 und 2015 unrechtmässig bezogenen Subventionen könnte eine plausible Summe benannt werden, meint er. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Bund und Kantone mit der Post verhandeln, wie viel für die Jahre vor 2007 fällig ist.