Alex Briner (62) aus Affoltern am Albis ZH schaut auf der Baustelle seinen früheren Arbeitskollegen zu. Der Kranführer ist froh, dass er nicht mehr selber in die Hosen steigen muss. Seit zwei Jahren ist er frühpensioniert. «Für uns ist eine Frühpensionierung wichtiger als ein bisschen mehr Lohn», sagt er. Und stellt fest: «Der Stress auf dem Bau hat wahnsinnig zugenommen.»
Der flexible Altersrücktritt hat dem ehemaligen Bauarbeiter die Rente mit 60 ermöglicht. Finanziert wird die Frühpensionierung von einer Stiftung. Sie wird mit vier Lohnprozenten von den Arbeitgebern und einem Prozent von den Arbeitern alimentiert. Doch für die Unia ist der flexible Altersrücktritt in Gefahr. Grund: In den nächsten Jahren kommen viele Arbeiter ins Rentenalter. Noch betrage die Deckung der Stiftung 113 Prozent, sagt Nico Lutz von der Unia. «Wir brauchen aber mehr Geld und müssen sofort eine Lösung finden», sagt er. Drei Terminvorschläge habe man den Baumeistern gemacht. «Sie wollen aber nicht verhandeln», so Lutz. Jetzt haben die Bauarbeiter genug. Am Samstag ist in Zürich eine Grossdemo angesagt.
Die Gewerkschaft schlägt vor, die Beiträge total um 1,5 bis zwei Prozent zu erhöhen, verteilt auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer. «Für zehn bis 15 Jahre. Dann genügen die heutigen Beiträge wieder», sagt Lutz. Er wirft den Baumeistern vor, die Gunst der Stunde zu nutzen, um das Rentenalter zu erhöhen. «Wer das Rentenalter 60 angreift, greift die Würde der Arbeiter an.»
Die Baumeister relativieren. «Der flexible Altersrücktritt ist eine gute Sache», sagt Martin Senn, Vizepräsident des Baumeisterverbandes. «Aber es gibt im Moment keinen Grund für Verhandlungen. Die Stiftung hat eine gute Deckung. Früher oder später werden wir demografische Probleme lösen müssen», sagt er. Aber das seien technische Probleme, keine
politischen. «Deshalb muss man nicht mit Tausenden Arbeitern aufmarschieren.» Den Vorwurf, das Rentenalter durch die Hintertür zu erhöhen, hält Senn für «dummes Zeug». «Die Bauarbeiter haben einen härteren Job als andere. Sie haben aber gute Löhne und arbeiten nur 40,5 Stunden pro Woche.»
Antonio Ruberto (57) hat noch drei Jahre bis zur Frühpensionierung. Seit 40 Jahren arbeitet er auf dem Bau. Der Baumaschinenführer wird morgen in Zürich demonstrieren. «Man merkt, wie man älter wird. Mit 57 ist es richtig hart. Oft komme ich abends heim und schlafe nach einer halben Stunde ein.»