Seit den 1990er-Jahren wurden immer mehr Haushalte zu Wohneigentümern. Doch der anhaltende Schweizer Wohneigentumsboom ist zu Ende. Dies zeigt die neueste Studie «Der ausgeträumte Traum der eigenen vier Wände» des Raiffeisen Economic Research.
Der völlig ausgetrocknete Markt, weiter ansteigende Preise und die hohen regulatorischen Hürden wie die strenge Tragbarkeitsrechnung und insbesondere der kalkulatorische Zinssatz von 5 Prozent verbauen der grossen Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer heute den Traum der eigenen vier Wände. «Am Eigenheimmarkt boomen heute nur noch die Preise», erklärt Martin Neff (61), Chefökonom von Raiffeisen Schweiz.
Häuser finden regen Absatz
An dieser gesellschaftlich unbefriedigenden Situation wird sich so rasch nichts ändern. Die anhaltend tiefen Zinsen werden auch künftig dafür sorgen, dass die wenigen zum Verkauf stehenden Eigentumsobjekte regen Absatz finden.
Während bestehende Immobilienbesitzer und wohlhabende Haushalte stark von den steigenden Entwicklungen am Immobilienmarkt profitieren, werden grosse Teile der Schweizer Gesellschaft heute von diesem Markt ausgeschlossen. «Wer nicht bereits über viel Kapital verfügt oder über Erbschaften an solches gelangen kann, hat kaum realistische Aussichten, heute noch Eigentümer zu werden», so Neff. Und nicht nur das: Weil sich viele Schweizerinnen und Schweizer das Eigenheim nicht mehr leisten können, verstärke sich auch der Vermögenstransfer von Ungebildet zu Gebildet, von Jung zu Alt sowie von Arm zu Reich.
Platzt irgendwann die Immobilien-Blase?
Selbst während der Corona-Pandemie zeigten sich die Eigenheimpreise völlig unbeeindruckt von den historisch einmaligen ökonomischen und gesellschaftlichen Verwerfungen. Platzt irgendwann die Blase?
Raiffeisen sagt: Nein. Auch wenn der Eigenheimmarkt mittlerweile stark aufgebläht sei. Das hohe Preisniveau sowie die konstante Aufwärtsdynamik seien klar begründbar und nicht durch Spekulationen getrieben. So haben in den letzten 20 Jahren nicht nur die Immobilienpreise zugelegt, die Schweiz hat auch ein starkes Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum erlebt. Immer mehr Menschen brauchen in der Schweiz immer mehr Wohnraum. Dass im herrschenden Anlagenotstand auf den wenigen Baulandparzellen vor allem Mietwohnungen gebaut werden, verschärft die Knappheit weiter.
Der Engpassfaktor Nummer 1 ist das knappe Bauland. «Eine offene, unvoreingenommene öffentliche Diskussion über die Zukunft des Schweizer Wohneigentums ist darum dringend angesagt», sagt Neff. Selbst eine mögliche Angebotszunahme durch vermehrt verkaufswillige Babyboomer dürfte nur zu einer marginalen Marktentspannung führen.
In der Schweiz leben heute rund 58 Prozent der Bevölkerung zur Miete und 42 Prozent im eigenen Haus bzw. der eigenen Wohnung. An diesem Verhältnis wird sich so bald wenig ändern. Die Schweizer, ein Volk von Mieterinnen und Mietern. (cny)