Wer Zement brennen will, der braucht sehr viel Energie: Temperaturen von über 2000 Grad herrschen in den gewaltigen Öfen der Zementindustrie. Das geschah in der Vergangenheit meist mit fossilen Brennstofen, allen voran Kohle. Das geht ins Geld und ist alles andere als klimafreundlich.
Nun will die Branche ihren Ruf ablegen, eine Klimasünderin zu sein. Die Schweizer Werke sollen bis 2050 komplett CO2-neutral werden. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg: Die Branche muss weg von der Kohle und ihre Öfen anders befeuern. Zurzeit sind bereits 70 Prozent des Brennmaterials Abfallstoffe. Und die Branche will mehr: «Die Zementindustrie möchte ihre Öfen ausschliesslich mit Abfällen befeuern», sagte Stefan Vannoni, Direktor von Cemsuisse, gegenüber der «NZZ am Sonntag».
Das heisst, die Zementbranche ist auf der verzweifelten Suche nach immer mehr Abfall. Denn mit all den Bemühungen, Abfälle und Verpackungen nicht in den Güselsack zu stecken, sondern zu rezyklieren, wachsen gerade in der Schweiz die Abfallberge schon lange nicht mehr in den Himmel.
Jetzt entbrennt Streit um den Müll
Die Industrie klagt deshalb, dass sie in der Schweiz gar nicht genug Abfall erhalte: «Wir kämpfen seit Jahren um einen besseren Zugang zu Abfallbrennstoffen», so Vannoni.
Die öffentlichrechtlichen Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) hätten das Monopol auf Siedlungsabfällen und seien nicht bereit, Material abzugeben. Deshalb muss die Zementbranche heute im grossen Stil Plastikabfälle importieren. «Das ist für uns keine optimale Lösung, auch aus ökologischer Sicht», betont Vannoni.
Die Branche habe bis heute keinen anderen Weg gefunden, an Abfall zu kommen. Nun soll es die Politik regeln. Im Parlament gibt es Vorstösse, wie die Abfallmenge in der Schweiz künftig umverteilt werden soll – auch zugunsten der Zementindustrie.