Alle Welt glaubt, CEO Paul Bulcke (62) sei als Nachfolger von Peter Brabeck (71) gesetzt. Nach über 20 Jahren im Nestlé-Cockpit wird dieser am 7. April 2017 von seinem Präsidium zurücktreten. Zwar ist Bulcke tatsächlich «einer der Kandidaten für meine Nachfolge», wie Brabeck im Interview mit BLICK bestätigt. Doch lässt er durchblicken, dass die Erbfolge noch nicht in trockenen Tüchern ist, wie etwa die «Bilanz» unlängst behauptete.
Es gibt zwei weitere Kandidaten: Axa-Baumeister Henri de Castries (61), der im September seinen CEO-Job beim französischen Versicherungsriesen abgibt. Vor allem aber der langjährige Patrick Aebischer (61) das grössere Potenzial für die Brabeck-Nachfolge.
Der Direktor der ETH Lausanne, auf französisch EPFL, beendet per Ende 2016 seine Ära an der renommierten Westschweizer Hochschule. Der renommierte Neurowissenschafter sitzt seit 16. April 2015 im Nestlé-Verwaltungsrat. Nestlé und die EPFL verbindet eine lange Zusammenarbeit. Dem Sponsoring von Lehrstühlen folgte 2006 der Aufbau der Nestlé-Einheit Health Science auf dem ETH-Campus.
Aebischer passt zur Nestlé-Strategie
Beim Umbau Nestlés zu einem Gesundheits- und Wellness-Konzern arbeitet Nestlé eng mit der EPFL zusammen. Millionen Franken aus der Nestlé-Kasse flossen bisher in die EPFL-Forschung. Aebischer gilt als hervorragender Vermarkter seiner Hochschule. Sein Ego und Tatendrang sollen jenem von Brabeck ebenbürtig sein. Passt das alles nicht prima zusammen?
Aebischer liess eine Anfrage von BLICK unbeantwortet. Nestlé will sich zur Brabeck-Nachfolge nicht festlegen. Der Entscheid des Verwaltungsrats soll im September getroffen werden.
Geht er oder geht er nicht?
Für eine mögliche Nachfolge von CEO Paul Bulcke stehen anders als bei der Bulcke-Wahl vor vor acht Jahren nicht fünf Kandidaten auf der Short-List, wie Brabeck sagt: «Dieses Mal sind es weniger. Wir haben aber auf jeden Fall mehr als einen.»
Amerika-Chef Laurent Freixe (53), Chris Johnson (54), Chef von Nestlé Business Excellence, sowie die frühere Finanzchefin und jetzige Asien-Chefin Wan Ling Martello (57) gelten als aussichtsreichste Kandidaten.
Doch wer sagt denn, dass Bulcke im Fall einer Wahl Aebischers für das VR-Präsidium nicht weiter CEO bleibt?
Bulcke hat in den vergangenen drei Jahren die Zielvorgaben von 5 bis 6 Prozent jährlichen Wachstums verfehlt. Er dürfte wohl den Ehrgeiz haben, den Lebensmittelriesen wieder auf den vorgegebenen Wachstumspfad zu führen. Bekommt Nestlé hin, was man den Aktionären versprochen hat? «Das überlasse ich dem CEO. Sie müssen ihn fragen, ob er es schafft», sagt Brabeck im Interview. Wenn diese Aussage nicht Ansporn genug ist.