Bombardier-Boss Danny Di Perna nennt den Dosto «sprintstarken Regionalzug»
Pannenzug hat jetzt auch einen Pannenchef

Bombardier-Chef Danny Di Perna (53) überrascht mit einer seltsamen Aussage: Der Dosto-Pannenzug sei von den SBB als «sprintstarker Regionalzug» bei ihm bestellt worden. Weiss Di Perna nicht, wofür sein Zug ist?
Publiziert: 30.09.2019 um 20:02 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2019 um 10:54 Uhr
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Danny Di Perna (53), Zug-Chef bei Bombardier, lässt mit einer seltsamen Aussage aufhorchen. Über den Pannen-Dosto sagt er: «Der Zug war als Regionalzug bestellt und gebaut worden.»
Foto: Bombardier
Noël Brühlmann

Nächste Panne um den Schüttel-Zug FV-Dosto: Danny Di Perno (53), Chef der Zugsparte von Bombardier, hält seinen an die SBB verkauften Doppelstöcker für einen Regionalzug. Über das Schütteln des FV-Dosto sagt er im Interview mit der «NZZ am Sonntag», dieser sei «als sprintstarker Regionalzug bestellt und gebaut worden».

Wie bitte? Ein doppelstöckiger Regionalzug, mit einer Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h – für die Schweizer Paradestrecke im Fernverkehr von Romanshorn TG bis nach Genf? Diese Aussage irritiert. Weiss der Bombardier-Boss schlicht nicht, wofür er seinen Zug herstellt? Oder haben die SBB den falschen Zug bestellt?

Jahrelange Liefer-Verspätung

Die FV-Dosto-Bestellung bei Bombardier ist bislang der grösste Auftrag in der Geschichte der Schweizerischen Bundesbahnen: Bombardier liefert den SBB 59 Doppelstöck-Kompositionen. Für insgesamt 1,9 Milliarden Franken. Geplant war, den «Twindexx Swiss Express», wie er auch genannt wird, als neues Flaggschiff im Fernverkehr durch die Schweiz rollen zu lassen.

Doch was gut tönt, kam völlig anders. Probleme bei der Entwicklung. Juristische Streitereien. Und jahrelange Lieferverzögerungen. Der Mega-Auftrag wurde zum Albtraum – für Bombardier und die Bundesbahnen. Und nun diese Aussage von Di Perno.

Bombardier weicht aus

Dabei berichteten sämtliche Medien von Anfang an, dass es sich beim Auftrag um Fernverkehr-Doppelstockzüge handelte. Von sprintstarken Regionalzügen war niemals die Rede. Auch gab Bombardier im November 2018 bekannt, in der Schweiz endlich die Betriebsgenehmigung für Langstreckentransporte auf Intercity- und Interregio-Linien erhalten zu haben.

Auf Anfrage von BLICK will sich Bombardier zunächst nicht zu der Interview-Aussage Di Pernas äussern. Später schiebt das Unternehmen nach: «Irgendwo muss eine Ungenauigkeit passiert sein.» Wo genau diese liegt, sagt der Zugbauer nicht.

Die SBB kommentieren die Aussage nicht. Sie verweisen auf ihre verschiedenen Medienmitteilungen zum FV-Dosto. Aus diesen geht hervor, dass es von Anfang an klar um Fernverkehrszüge ging. 

SBB-Lieferant Bombardier kommt in dieser Sache sehr schlecht weg. Wieder einmal.

Pleiten-, Pech- und Pannen-Zug

Zangengeburt, Pannen- und Problemzug – und viele Attribute mehr liefert die Google-Suche im Zusammenhang mit dem FV-Dosto. Die Leidensgeschichte mit den neuen Bombardier-Doppelstöckern begann früh. Der grösste und mit 1,9 Milliarden Franken teuerste Beschaffungsauftrag der SBB wurde 2010 erteilt. Die 59 Züge hätten Ende 2013 geliefert und im Jahr darauf quer durchs Land rollen sollen. Doch dann kam es immer wieder zu gravierenden Verzögerungen. Der Start verschob sich Jahr für Jahr nach hinten.

Noch in den Köpfen: Probleme mit zu steilen Rollstuhlrampen an den Eingängen (Bild). Zugtüren, die nicht schliessen und die Weiterfahrt verzögern. Software-Probleme, die Techniker an Bord unabkömmlich machen. Zu wenig Platz für Kinderwagen im Spielabteil «Ticki Park» – Passagiere müssen Klappsitze freigeben, damit Familien ausreichend «Parkplätze» vorfinden.

Seit dem Fahrplanwechsel 2018/2019 sind erst zwölf Dostoauf den IR-Linien 13 und 37 zwischen Chur, St. Gallen, Zürich und Basel auf den Schienen. Auf der Paradestrecke St. Gallen–Genf soll vor den Sommerferien erstmals ein Dosto fahren. Die SBB wollen bis Ende 2019 alle 59 Züge und drei weitere auf den Schienen haben. Ulrich Rotzinger

Zangengeburt, Pannen- und Problemzug – und viele Attribute mehr liefert die Google-Suche im Zusammenhang mit dem FV-Dosto. Die Leidensgeschichte mit den neuen Bombardier-Doppelstöckern begann früh. Der grösste und mit 1,9 Milliarden Franken teuerste Beschaffungsauftrag der SBB wurde 2010 erteilt. Die 59 Züge hätten Ende 2013 geliefert und im Jahr darauf quer durchs Land rollen sollen. Doch dann kam es immer wieder zu gravierenden Verzögerungen. Der Start verschob sich Jahr für Jahr nach hinten.

Noch in den Köpfen: Probleme mit zu steilen Rollstuhlrampen an den Eingängen (Bild). Zugtüren, die nicht schliessen und die Weiterfahrt verzögern. Software-Probleme, die Techniker an Bord unabkömmlich machen. Zu wenig Platz für Kinderwagen im Spielabteil «Ticki Park» – Passagiere müssen Klappsitze freigeben, damit Familien ausreichend «Parkplätze» vorfinden.

Seit dem Fahrplanwechsel 2018/2019 sind erst zwölf Dostoauf den IR-Linien 13 und 37 zwischen Chur, St. Gallen, Zürich und Basel auf den Schienen. Auf der Paradestrecke St. Gallen–Genf soll vor den Sommerferien erstmals ein Dosto fahren. Die SBB wollen bis Ende 2019 alle 59 Züge und drei weitere auf den Schienen haben. Ulrich Rotzinger

Dosto-Pannenzug kommt ab Juli zum Einsatz
3:09
BLICK hat den Test gemacht:FV Dosto schüttelt doppelt so stark wie der IC2000
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