Eigentlich mag Alfred Herbert keinen Kuchen. Aber über die Geburtstagstorte von SonntagsBlick freut er sich doch: Die Zuckerdeko zeigt den Verlauf des Schweizer Börsenindexes SMI seit 1987 – immerhin! Seine eigene erste Transaktion tätigte «Fredi» 1953, am Todestag des russischen Diktators Josef Stalin. Da war er 17.
Am Dienstag wurde er nun 80 Jahre alt. «Nur wer überlebt, kann davon erzählen», kommentiert Herbert. Und er hat sie alle überlebt. Broker, Manager, Spekulanten. Wie das? «Ganz einfach: Ich hatte mehr Erfolg.»
Sein Rezept? Auch das ist ganz einfach: Jeden Tag um vier Uhr früh telefoniert er mit seinen Vertrauensmännern in Asien. Dazu liest er täglich vier Stunden Nachrichten. In seinem Büro stehen zehn Bildschirme, die ihn mit News versorgen. So ist er immer ein bisschen besser informiert als alle anderen. Und das vor allen anderen. Seine wichtigste Regel: Es gibt keine Regeln. «Die Börse hat immer recht!», sagt Herbert. Für Sentimentalitäten hat er keine Zeit. «Wenn alle Lemminge über die Klippe springen, musst du unten stehen, sie aufsammeln und in die Fleischfabrik bringen.» Ein typischer Guru-Spruch.
Nachbar von Michail Chodorkowski
Das Portal Cash.ch und den Radiokanal Energy versorgt er noch heute mit den heissesten Börsengerüchten. Als Wirtschaftsjournalist hat er Generationen von Anlegern beeinflusst – unter anderem mit seiner langjährigen Kolumne im SonntagsBlick. Von da stammt auch der Übername «Börsen-Guru».
Wie wurde er überhaupt Journalist? «Ich hatte zwei Ziele im Leben: Amerika-Chef einer Bank und Millionär zu werden. Beides habe ich mit 30 geschafft.» Also wandte er sich Neuem zu. Dem Journalismus, dem Fliegen, dem Reisen. Kochen und gut essen sind weitere Leidenschaften. «Und natürlich der Wein.»
Der Börse ist er bis heute treu geblieben. Herbert blickt von der Terrasse seiner Villa in Rapperswil-Jona SG über den Zürichsee. Und auf der anderen Strassenseite steht das Haus des in Russland in Ungnade gefallenen Oligarchen Michail Chodorkowski (53).
Was wünscht sich ein Fredi Herbert eigentlich zum Geburtstag? «Nichts. Ich schaue gelassen in die untergehende Sonne.»