Seit zehn Jahren ist SBB-Chef Andreas Meyer (56) Alleinherrscher des Schweizer Fernverkehrsnetzes. Dass ihm jemand den Thron streitig machen könnte, musste er nie befürchten. Dennoch trieb er die Bahn voran: Baute das Netz aus, verdichtete den Taktfahrplan, investierte in bessere Züge.
CEO: Bernard Guillelmon (51)
Präsident: Rudolf Stämpfli (62)
Mitarbeiter: 3200
Umsatz: 1,03 Mrd. Franken
Beförderte Passagiere pro Tag: 158' 000
Länge Streckennetz: 420 Kilometer
Bahnhöfe: 119
CEO: Bernard Guillelmon (51)
Präsident: Rudolf Stämpfli (62)
Mitarbeiter: 3200
Umsatz: 1,03 Mrd. Franken
Beförderte Passagiere pro Tag: 158' 000
Länge Streckennetz: 420 Kilometer
Bahnhöfe: 119
Die Kunden aber regten sich über Verspätungen, knappe Sitzplätze, dreckige Toiletten oder den Swisspass auf. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) griff deshalb ein. Und motivierte die regionalen Bahnunternehmen BLS und die Südostbahn SOB, ein Gesuch für eigene Fernverkehrslinien zu stellen. Sie sollten ein wenig rütteln an Meyers Thron.
Diese Strecken will die BLS
Die Berner liessen sich nicht zweimal bitten. Gestern gab BLS-Chef Bernard Guillelmon (51) bekannt, dass er beim BAV ein Konzessionsgesuch eingereicht hat. «Wir brauchen gleich lange Spiesse», verkündet er. Um die unrentablen Regional-Linien zu finanzieren, will die BLS fünf Fernverkehrsstrecken (siehe Grafik).
Zwei davon sind neue Intercity-Linien:
- Interlaken–Bern–Basel (ab 2022)
- Brig–Bern–Basel (ab 2023)
Und drei sind neue Regioexpress-Linien:
- Bern–Olten (ab 2020)
- Biel–Bern (ab 2020)
- Bern-Neuenburg-Le Locle (ab 2022)
Für den Einstieg in den Fernverkehr will die BLS neue Züge besorgen und 290 Stellen schaffen. Für die Passagiere gebe es ausreichend Verpflegung in den Zügen sowie WLAN für das Surfen auf dem Smartphone. Insgesamt will die Regionalbahn 495 Millionen Franken investieren – Bund und Kantone würden angeblich nicht belastet.
Verwaltungsratspräsident Rudolf Stämpfli (62) bekräftigt: «Wir wollen ein kleines Stück des stark wachsenden Kuchens.» Die SBB rechnen bis 2030 im Fernverkehr mit einem Nachfragewachstum um mehr als drei Viertel.
SBB-Meyer lässt die Muskeln spielen
Der Angriff der kleinen BLS passt SBB-Chef Meyer nicht. Er fürchtet, dass sein Monopol zerfällt und zeichnet ein düsteres Szenario: «Bricht man einmal eine Linie aus dem Gefüge, ist bei der nächsten Vergabe eine andere an der Reihe. Und plötzlich kommt ein ausländischer Anbieter», sagt er zu BLICK. Zudem würde der Fernverkehr bis zu 20 Millionen teurer.
CEO: Andreas Meyer (56)
Präsidentin: Monika Ribar (57)
Mitarbeiter: 33'000
Umsatz: 8.9 Mrd. Franken
Beförderte Passagiere pro Tag: 1,25 Millionen
Länge Streckennetz: 3200 Kilometer
Bahnhöfe: 794
CEO: Andreas Meyer (56)
Präsidentin: Monika Ribar (57)
Mitarbeiter: 33'000
Umsatz: 8.9 Mrd. Franken
Beförderte Passagiere pro Tag: 1,25 Millionen
Länge Streckennetz: 3200 Kilometer
Bahnhöfe: 794
Meyer lässt seine Muskeln spielen. Er spannt mit der SOB zusammen, um der BLS eins auszuwischen. Weil die Regionalbahn aus St. Gallen auf ein eigenes Konzessionsgesuch verzichtet, wird sie von Meyer belohnt. Sie darf ab 2020 nicht nur von Zürich und Basel aus die alte Gotthardstrecke ansteuern. Neu soll sie auch von Chur über Zürich nach Bern fahren – mitten in die Heimat der BLS.
Jetzt ist Verkehrsministerin Doris Leuthard gefordert
Mit diesem Trick überlistete er die BLS, die selber über Aarau nach Zürich fahren wollte und nun verzichtet. Wohl, um Meyer nicht zu sehr zu erzürnen. Zwischen den beiden Unternehmen bestehen nämlich über 160 Verträge.
Doch der Showdown im Krieg um die Konzessionen ist unausweichlich. Leuthards BAV entscheidet im Dezember, wer auf welchen Strecken zum Zug kommt – die SBB oder BLS.
Die Belegschaft hat Meyer auf seiner Seite: «Der Bund muss alles tun, um eine Aufteilung der Fernverkehrskonzession zu verhindern», sagt Giorgio Tuti (53), Präsident der Bahn-Gewerkschaft SEV. Sonst würden alle verlieren.