BLICKpunkt von Christian Dorer über den Postauto-Skandal
Ehrlich währt am längsten

Wer einen Skandal überstehen will, hat nur eine Option: Alles muss auf den Tisch. Warum ist das bloss so schwer zu begreifen?
Publiziert: 10.02.2018 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 23:00 Uhr
Christian Dorer

Am Dienstag musste Susanne Ruoff fiktive Buchungen eingestehen: Ihre Postauto AG hatte damit die Steuerzahler um 78 Millionen Franken betrogen.

Inzwischen hagelt es Rücktrittsforderungen. Weniger wegen des Betrugs, den ja nicht die Postchefin selbst begangen hat – sondern weil ihr vorzuwerfen war, was Manager und Politiker häufig tun, wenn sie unter Druck geraten: Sie legen nicht sofort alles auf den Tisch.

Jedes Mal, wenn neue Fakten ans Licht kommen, müssen sie dann nachbessern und rechtfertigen. Am Ende verlieren sie nicht wegen ihrer Fehler den Job, sondern wegen ihrer Unehrlichkeit. So erging es alt Bundesrätin Elisabeth Kopp (wegen eines Anrufs bei ihrem Mann), so erging es Ex-Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand (wegen Devisengeschäften).

Der Grund: Menschen verzeihen Fehler. Aber sie verzeihen nicht, wenn man sie belügt.

Nun kann der Fall Ruoff nicht mit den Fällen Kopp und Hildebrand verglichen werden. Viele Fragen sind noch nicht geklärt. Sicher ist einzig: Die Postchefin hat nicht von sich aus alles Wesentliche offenbart. An ihrer Medienkonferenz hätte sie zum Beispiel sagen können: «Wir haben seit vielen Jahren ein Problem bei Postauto. Wir machen Gewinn, wo wir keinen Gewinn machen dürfen. Ich wusste davon, habe es aber leider versäumt, das Problem rechtzeitig zu lösen. Das tut mir leid. Nun hat sich herausgestellt, dass alles noch viel schlimmer ist und 200'000 illegale Buchungen vorgenommen wurden. Das alles wird minutiös aufgearbeitet und das Geld zurückgezahlt.»

Kurz: Damit nicht jeden Tag neue Details ans Licht kommen, hätte Ruoff sämtliche bekannten Fakten auf den Tisch legen müssen.

Aber das tat sie nicht. Sie sprach über «nicht gesetzeskonforme Verrechnungen» und davon, dass «in einer Ecke der Postauto AG etwas Unrechtes geschehen» sei – als habe das eigentlich nichts mit ihr zu tun. Sie behielt für sich, dass die Revision sie und einen Verwaltungsratsausschuss bereits vor Jahren darauf aufmerksam gemacht hatte, dass subventionierte Postauto-Linien keinen Gewinn abwerfen dürfen, dies aber tun.

Erst durch BLICK wurde all das publik. Erst dann sprach die Post statt von «nicht gesetzeskonformen Verrechnungen» nun von «illegalen fiktiven Umbuchungen». Das sollte bedeuten: Ruoff wusste zwar vom Gewinn bei subventionierten Linien, aber nichts von illegalen Buchungen.

Mag sein – doch wer mitten in einem Skandal seine Argumente nachbessern muss, verliert Vertrauen. Bei der Post kommt hinzu: Mehr als andere Unternehmen ist ein Staatsbetrieb den Steuerzahlern gegenüber zu transparenter und vollständiger Information verpflichtet.

Warum glauben intelligente Top-Manager, es käme nicht früher oder später alles ans Licht? Ist es Naivität? Ist es Angst? Oder sind es gar nicht die Spitzenkräfte selbst, die das Schlamassel anrichten – sondern zahllose hochbezahlte, aber unfähige Berater?

Dabei ist es eigentlich nur eine kinderleichte Regel, die sie alle befolgen müssten: Ehrlich währt am längsten!

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