93 Prozent der Frauen verhandeln nicht. Das zeigt eine der wenigen Analysen zum Thema. Nehmen wir also an, dass 93 Prozent der Mitarbeiterinnen in der Schweiz auch dieses Jahr wieder nicht über ihren Lohn verhandeln. Nächstes Jahr auch nicht. Und auch nicht in den folgenden Jahren. Damit werden ihnen über ihr ganzes Arbeitsleben gerechnet im Durchschnitt zwei Millionen Franken entgehen. Einfach, weil sie nicht fragen.
Für das Nachdrehen einiger Szenen eines aktuellen Hollywoodfilms hat Mark Wahlberg 1000-mal mehr verdient als sein Co-Star Michelle Williams. Der Streifen trägt ironischerweise den Titel «Das grosse Geld». Was lernen wir daraus? Verhandelt besser. Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern rein mit Verhandlungsgeschick. Der extreme Fall zeigt einmal mehr exemplarisch auch das weibliche Bescheidenheits-Gen. Für sich selber einstehen, das mögen Frauen nicht. Wir müssen unsere Karriere endlich als Business sehen.
5 Prozent mehr Lohn – einfach so
Ich hasste es zu verhandeln. Bis eine niederländische Anwältin in die Schweiz kam und mir die Augen öffnete. Die Wonderwoman der Verhandlungstaktik heisst Wies Bratby. Sie gründete in Zürich das Start-up Women in Negotiation, nachdem sie als Personalchefin gesehen hatte, wie schlecht Frauen verhandelten. Sie ist nun beseelt davon, dies zu ändern. Und seit ich sie kenne, bin ich es auch. Es ist wichtig. Und es ist einfach. Für den, der verhandelt, liegen meistens locker fünf Prozent mehr Lohn drin. Einfach so.
Und ja, es gibt sie, weitere Studien, die zeigen, dass insbesondere Frauen das Verhandeln auch schlecht ausgelegt wird. Aber wenn es alle tun, kann es niemandem mehr schlecht ausgelegt werden. Die schlimmste Antwort ist so oder so nur ein Nein. Und wer nie fragt, kassiert immer ein Nein.
Viel mehr als Geld
Also ja – reden wir über Geld, aber noch über viel mehr. Über neue Rollen, Verantwortung, Projekte, die wir anstossen, vorantreiben und anführen wollen. Initiative ist oft der Schlüssel zu mehr Lohn.
Und Geld verleiht nun mal die Macht, die Welt zu verändern. Es ist höchste Zeit, zu (ver-)handeln. #timesup
Die Ökonomin Patrizia Laeri (40) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF-Börse» und «ECO» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.