- Sergio Ermotti gibt in Interview mit BLICK der Führung der Schweizer Börse den Tarif durch
- SIX-Chefs fallen aus allen Wolken
- Vier Monate später hat Ermotti erreicht, was er wollte
Es war ein heisser Tag Ende Juni. Didier Burkhalter (57) hatte gerade seinen Rücktritt aus dem Bundesrat angekündigt. «Jetzt muss ein Tessiner ran!», meinte BLICK und lancierte eine Themenwoche. Da durfte auch der Vorzeige-Tessiner der Schweizer Wirtschaft nicht fehlen: UBS-Chef Sergio Ermotti (57).
Da er mindestens so sehr Lokalpatriot wie globalisierter Banker ist, erklärte sich Ermotti trotz kurzfristiger Anfrage für ein Interview bereit. Und war Feuer und Flamme für eine Tessiner Kandidatur: «Bei sieben Bundesräten sollte es eigentlich normal sein, dass mindestens einer die italienische Schweiz vertritt. Zwei wären noch besser!», sagte er.
Als Kandidat der UBS hätte Cassis schlechte Karten gehabt
Es war klar, dass Ignazio Cassis (56) der Favorit Ermottis war. Einen Namen nannte er aber wohlweislich nicht. Als Kandidat der UBS zu gelten, wäre das sichere Ende jeder Bewerbung gewesen.
Doch nicht nur auf dem politischen Parkett zeigte sich Ermotti als Meister der Taktik. Neben der Politik sprach er auch über den Finanzplatz. Und dort wurde er sehr direkt. In drei Sätzen versenkte er die Schweizer Börsenbetreiberin, die Six Group.
O-Ton Ermotti: «Ich denke, die Six muss über die Bücher gehen und sich Gedanken machen, wie sie sich aufstellen kann. Ich glaube nicht, dass das heutige Geschäftsmodell langfristig nachhaltig ist.» Aus dem Mund des grössten Aktionärs waren diese Worte das Todesurteil für die Six.
Kommunikationschef versucht vergebens einzuschreiten
Der UBS-Kommunikationschef versuchte, den Eklat zu verhindern. Ermottis Aussage sei natürlich «off the record» gewesen, also nicht zum Zitieren, fuhr er dazwischen. Doch Ermotti liess sich nicht beirren: «Nein, wir sind ‹on the record›», stellte er klar.
Was hatte ihn so in Rage versetzt? Ermotti hatte zuvor ebenfalls im BLICK die Idee lanciert, die Six Group könnte zur Transaktionsbank für die UBS und andere Banken werden. So hätten die Geldhäuser ihre Kosten senken können. Doch die Six wollte nicht. Die Idee lasse sich nicht realisieren, beschied der Six-Präsident an die Adresse von Ermotti.
Ermottis Schelte war die Quittung dafür. «Wenn wir mit den Dienstleistungen der Six nicht zufrieden sind, suchen wir nach Alternativen», sagte er.
Ermotti bekam am Ende, was er gefordert hatte
Nachdem das Interview erschienen war, riefen aufgeregte Six-Sprecher an und wollten wissen, wie Ermotti zu dieser Aussage gekommen sei. Sie wussten: Ihnen stand ein Erdbeben bevor.
Die Folgen zeigten sich vier Monate später. Am 10. November gab die Six eine umfassende Neuausrichtung bekannt. Das Kartengeschäft wird verkauft, 100 Jobs werden weggespart. Und vor allem: Eine neu gegründete Einheit soll Dienstleistungen für die Aktionäre erbringen. Das war genau das, was Ermotti gefordert hatte.
BLICK-Redaktoren blicken zurück auf das Jahr 2017 und berichten über die Geschichte hinter der Story. Dabei verraten sie Witziges, Erstaunliches, Bewegendes, Unerwartetes und Berührendes. Entdecken Sie, wie es zu dem Bericht kam und was danach passierte.
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