Ausbau der Billigkette alarmiert Gewerbe
So will Backwerk Appetit auf Discount-Brot machen

Backwerk backt jetzt grosse Brötchen und kündigt eine Expansion in der Schweiz an. Mit einem neuen Konzept, um das Billig-Image abzustreifen. Gleichzeitig flutet noch mehr Billigbrot die Schweiz.
Publiziert: 05.09.2018 um 08:25 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2018 um 11:02 Uhr
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Winterthur ZH, Bahnhofplatz: Backwerk öffnet am Dienstagnachmittag seine Türen für die Presse.
Foto: Ulrich Rotzinger
Ulrich Rotzinger, Sven Infanger

Seit 2010 tritt Backwerk mit seinen zwei Schweizer Filialen auf der Stelle. Die beworbene Offensive war bislang ein Schuss in den Ofen. Jetzt will die deutsche Billigkette endlich grosse Brötchen backen.

In Winterthur ZH enthüllte Backwerk gestern beim Hauptbahnhof sein überarbeitetes Ladenkonzept. Dort wird sichtbar: Der Brötchen-Discounter will weg vom Billig-Image. Backstein-Deko, eine Smoothie-Ecke und Saftbar sollen Kunden «Feel-Good-Momente» bescheren, wirbt das Unternehmen des Kiosk-Konzerns Valora.

Jedoch gilt weiterhin Selbstbedienung, der Kunde macht auch künftig die ganze Arbeit. Er lädt sich die Ware aufs Tablett, bezahlt an der Kasse und packt sie dann selber in einen Papiersack. «Die Preise bleiben dafür weiter attraktiv», lautet das Versprechen.

Es heisst, weitere Filialen sind geplant. Zielgrösse? «Um vom Netzwerkeffekt profitieren zu können, braucht es grundsätzlich etwa 20 bis 30 Stores in einem Land», sagt Valora-Chef Michael Mueller (46) zu BLICK. «Wir wollen nur die besten Lagen.»

Appetit auf Backwerk-Brötchen?

Kommt der zweite Anlauf von Backwerk gut? Noch vor Jahren hatten Schweizer keinen Appetit auf den Billigbeck (BLICK berichtete). Stets betonte Mueller: «Wir passen unser Angebot an. Schweizer wollen bessere Ware als Deutsche, bezahlen aber gerne mehr.»

Erst kürzlich sorgte eine Meldung für Aufruhr im Gewerbe. Die Brotimporte haben massiv zugelegt: 2017 wurde fast viermal so viel Brot in die Schweiz importiert wie noch vor zehn Jahren. Waren es damals noch 2569 Tonnen Importbrot, sind es nun 10'067 Tonnen, heisst es im Getreidebericht des Bundes.

Interessant: Vor über einem Jahrzehnt trat Aldi in den Schweizer Markt ein, 2009 folgte Lidl. Beide forcierten in den letzten Jahren den Verkauf von Aufbackbrot und -brötchen in ihren Filialen. Gleichzeitig ist innert einem Jahrzehnt der Anteil an gewerblichen Bäckereien in der Schweiz um einen Viertel gesunken.

Bäckereigewerbe ortet Preiskampf

Jetzt will auch noch Backwerk angreifen. «Mich würde es nicht überraschen, wenn die Zahlen weiter steigen», sagt Urs Wellauer (54), Direktor Schweizerischer Bäcker-Confiseurmeister-Verband. Seine Branche habe sich bereits vor dieser Situation in einem intensiven Marktumfeld behaupten müssen. «Jetzt sind neue Dimensionen in Form von Preiskampf um Marktanteile hinzugekommen.»

Laut Backwerk stammen die Brotwaren aus Schweizer Herstellung. Die Laugenprodukte und Pizzaböden stammten aber vom deutschen Brezelbäcker Ditsch (gehört ebenfalls Valora) – die tiefgekühlte Ware werde im Laden frisch gebacken.

Brot von gestern

An acht Standorten in der Schweiz verkauft das Schweizer Unternehmen «Äss-Bar» Backwaren vom Vortag zu tieferen Preisen. Das Konzept ist einfach: Brötchen, Brote und Zöpfe, die Bäckereien bis zum Ladenschluss nicht verkaufen können, gelangen zur Äss-Bar. Unter dem Slogan «frisch von gestern» verkauft diese die Ware vom Vortag dann zum halben Preis. So gibt es Gipfeli und Brötchen schon für 50 Rappen, Zöpfe bereits für 2 Franken. Damit will das Unternehmen auch einen Beitrag gegen die Lebensmittelverschwendung leisten. In den Haushalten machen Backwaren einen grossen Teil des sogenannten Food-Waste aus. Die Äss-Bar versteht sich nicht als soziales Projekt, sondern als wirtschaftliche Firma. Mit dem Erlös aus den Brötchen vom Vortag werden Löhne, Miete, Verpackung und Transportkosten bezahlt. Sven Infanger

An acht Standorten in der Schweiz verkauft das Schweizer Unternehmen «Äss-Bar» Backwaren vom Vortag zu tieferen Preisen. Das Konzept ist einfach: Brötchen, Brote und Zöpfe, die Bäckereien bis zum Ladenschluss nicht verkaufen können, gelangen zur Äss-Bar. Unter dem Slogan «frisch von gestern» verkauft diese die Ware vom Vortag dann zum halben Preis. So gibt es Gipfeli und Brötchen schon für 50 Rappen, Zöpfe bereits für 2 Franken. Damit will das Unternehmen auch einen Beitrag gegen die Lebensmittelverschwendung leisten. In den Haushalten machen Backwaren einen grossen Teil des sogenannten Food-Waste aus. Die Äss-Bar versteht sich nicht als soziales Projekt, sondern als wirtschaftliche Firma. Mit dem Erlös aus den Brötchen vom Vortag werden Löhne, Miete, Verpackung und Transportkosten bezahlt. Sven Infanger

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