«Der Auftrag zur Überwachung war falsch und unangemessen.»
6:55
Urs Rohner zum Fall Khan:«Der Auftrag zur Überwachung war falsch und unangemessen.»

Beschattungs-Skandal
CS liefert nur die halbe Wahrheit

Die Credit Suisse hat endlich geliefert, bricht ihr Schweigen und informiert über die Hintergründe der Beschattungsaffäre. Zwei Top-Shots müssen gehen. Der Makel: Viele Fragen bleiben unbeantwortet.
Publiziert: 01.10.2019 um 23:50 Uhr
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Aktualisiert: 07.02.2020 um 17:35 Uhr
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Urs Rohner (l.), Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse, bespricht sich mit Flavio Romerio von der Anwaltskanzlei Homburger, die den Bericht über die Beschattungsaffäre verfasst hat.
Foto: keystone-sda.ch
Christian Kolbe und Claudia Gnehm

Gestern Morgen um acht Uhr ist die Welt der Credit Suisse wieder in Ordnung – wenn auch nur für kurze Zeit. Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (59) präsentiert unweit des Zürcher Paradeplatzes die Erkenntnisse der Untersuchung der Anwaltskanzlei Homburger in der Beschattungsaffäre Khan. Doch schon wenige Minuten nach Beginn der Medienkonferenz wird klar: Viele Fragen bleiben offen, die Grossbank bleibt viele Antworten schuldig.

Rohner entschuldigt sich beim ehemaligen CS-Topbanker Iqbal Khan (43) für die Beschattung durch ein Detektivbüro. «Das war falsch und unangemessen», sagt Rohner. Dieses Vorgehen entspreche nicht der Kultur der Credit Suisse und werde nicht mehr vorkommen, verspricht er.

Zwei Top-Shots müssen gehen

Die Schuldigen sind schnell benannt: Der operative Chef der CS, Pierre-Olivier Bouée (48), hatte die Beschattung angeordnet. Der Sicherheitschef der Bank, Remo Boccali (48), hatte dessen Auftrag über einen Mittelsmann abgewickelt.

Dieser Mittelsmann hat vor einer Woche seinem Leben ein Ende gesetzt, weil er um seine Existenz fürchtete. Rohner gibt seiner Trauer und Betroffenheit Ausdruck.

Bouée und Boccali müssen den Hut nehmen. Das Motiv von Bouée für die Beschattungsaktion: Er sei besorgt gewesen, dass Kahn ein Risiko für die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Credit Suisse darstelle. So steht es im Bericht. «Bouée betrachtete die Beschattung als sehr heikel, deshalb wollte er sie für sich behalten», erklärt Flavio Romerio (53) gegenüber BLICK. Der Homburger-Anwalt hatte im Auftrag der CS die Untersuchung geleitet. Eine Erkenntnis: Auf dem Handy von Bouée wurden Daten gelöscht.

Thiam darf bleiben

Bouée und CS-Boss Tidjane Thiam (57) sind gemeinsam die Karriereleiter hochgestiegen, sind spätestens seit der Zeit beim britischen Versicherer Prudential ein untrennbares Gespann. Thiam hat seinen Kumpel Bouée 2015 mit in die CS gebracht.

Fast unvorstellbar, dass sich die beiden über die Beschattung nicht wenigstens mündlich ausgetauscht haben. Dazu sagt Romerio: «Wir haben sehr viele Daten – auch die Whatsapp-Nachrichten zwischen Bouée und Thiam –ausgewertet, und wir fanden nichts, was die Glaubwürdigkeit von Thiams Aussage in Zweifel gezogen hätte.» Insgesamt 14 Leute haben die Anwälte in der Sache befragt.

Nun also werden die Kumpels getrennt, Bouée muss gehen, Thiam darf bleiben. Denn das ist das wichtigste Ergebnis aus Sicht der Grossbank: CEO Tidjane Thiam hat von allem nichts gewusst.

«Der Auftrag zur Überwachung war falsch und unangemessen.»
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Urs Rohner zum Fall Khan:«Der Auftrag zur Überwachung war falsch und unangemessen.»

Iqbal Khan hat nichts getan

«Die Untersuchung von Homburger ergab keinen Hinweis darauf, dass der CEO die Überwachung von Iqbal Khan genehmigt oder von dieser vor dem
18. September 2019 gewusst hat, nachdem die Überwachung abgebrochen worden war», sagt die Bank. Präsident Rohner spricht deshalb seinem CEO sein «volles Vertrauen» aus.

Allerdings hält Rohner auch fest: «Der Ruf der Bank hat unter der ganzen Affäre gelitten.» Aufatmen dagegen kann Khan, der gestern seine neue Stelle als Co-Chef der Vermögensverwaltung bei der UBS angetreten hat. Der Bericht hält klar fest, Khan habe alle seine vertraglichen Pflichten eingehalten und nicht versucht, Kunden oder Mitarbeiter abzuwerben.

Grosse Fragen bleiben offen

Khan hat eine saubere Weste, die CS liefert nur die halbe Wahrheit. Viele Fragen und Widersprüche bleiben offen. Solange diese nicht geklärt sind, ist CEO Thiam nicht ganz so fein raus, wie es während der Medienkonferenz noch den Anschein macht. Seine Nachfolge auf Rohner als CS-Präsident ist in Frage gestellt.

Wieso durfte Khan so schnell gehen?

So zeigt sich die «Financial Times», stellvertretend für die Finanzwelt, total unbefriedigt mit Rohners Erklärung für die branchenunüblich kurze Abkühlperiode Khans von nur drei Monaten bis zum Antritt bei der UBS. «Ich habe nach dem Streit zwischen Khan und Thiam geholfen, eine Austrittsvereinbarung zu finden, die für beide Seiten nützlich war», sagt Rohner. Damit gibt er jedoch keinen logischen Grund an, wieso er Khan dermassen entgegenkam.

Ist der Streit von Top-Shots tatsächlich Privatsache?

Weiter legte Rohner zwar offen, dass der Konflikt zwischen Khan und Thiam Anfang Jahr so gross war, dass beide sich veranlasst sahen, bei ihm deswegen vorstellig zu werden. Doch er behandelt diesen offenbar ernsten Streit nach wie vor als Privatangelegenheit der beiden Nachbarn aus Herrliberg ZH. «Was an der Party im Januar zwischen Khan und Thiam vorfiel, wurde nicht untersucht, auch nicht der Streit über Bäume», ergänzt Rohner nebenbei.

Gab es auch geschäftliche Differenzen?

Für den Ruf der Credit Suisse ist es aber entscheidend, die Ursache des Streits offenzulegen. Sie muss klar aufzeigen können, dass diese tatsächlich nicht geschäftlicher Natur war. Kunden, die ihr Geld der CS anvertrauen, müssen jetzt verdauen, dass der CEO nicht über sensible, potenziell rufschädigende Entscheide informiert wird. Sie sollten zumindest eine nachvollziehbare Erklärung bekommen für den Ursprung des Eklats zwischen den zwei Topmanagern.

Was ist bei der CS üblich?

In der Beschattungsaffäre bleiben auffällig viele «unübliche» Verhaltensweisen übrig. Rohner selbst bezeichnete es als «nicht üblich in unserem Geschäft, dass der CEO über eine solche Sache (Anm. der Red.: Auftrag zur Beschattung) nicht informiert war».

Auf diese Antworten wartete BLICK

Es war höchste Zeit, dass CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (59) über den Beschattungs-Skandal informierte. Inwiefern er gestern an der Medienkonferenz die zwölf dringlichen Fragen beantworten konnte, die BLICK ihm bereits vor einer Woche gestellt hatte, lesen Sie hier.

Wer gab den Beschattungsauftrag? grün
Laut Rohner gab der operative Chef der CS, Pierre-Olivier Bouée (48), den Auftrag an den Sicherheitschef der Bank.

Waren Sie selbst darüber informiert? grün
Präsident Rohner sagte, dass er bis zum Auffliegen der Beschattung davon nichts wusste.

War CEO Tidjane Thiam informiert? Falls nein: Wie kann es sein, dass ein Auftrag ohne sein Wissen rausgeht? orange
Gemäss Untersuchung wurde Thiam von seinem Kumpel Bouée nicht eingeweiht. Doch Rohners Ausführung zu Thiams Unwissen war ungenügend. Es sei nicht üblich im Bankengeschäft, dass der CEO über eine solche Sache nicht informiert sei, sagte Rohner.

Was war der Zweck der Beschattung? grün
Der operative Chef machte sich Sorgen, dass sich Khan nicht an seine Austrittsvereinbarung hält und Kunden und Mitarbeiter abwirbt. Die Untersuchung fand übrigens gar keine Hinweise darauf, dass Khan gegen seine vertraglichen Bestimmungen verstossen hat.

War die Aktion legal? grün
Ja, aber sie entspricht laut Rohner nicht den ethischen Standards der CS.

Sind solche Methoden Usus bei der Credit Suisse? grün
Nein, Rohner verurteilt die Beschattung.

Wie reagiert der Verwaltungsrat? orange
Der Verwaltungsrat beauftragte eine externe Untersuchung – die den Konflikt Thiam–Khan aber ausklammerte.

Gibt es personelle Konsequenzen? Falls ja: Welche? Falls nein: Warum nicht? grün
Die zwei CS-Verantwortlichen für den Beschattungsauftrag müssen gehen.

Haben Sie sich bei Iqbal Khan entschuldigt? grün
Rohner hat sich bei Khan und seiner Familie in aller Form entschuldigt.

Wie gross schätzen Sie den Image- und Vertrauensverlust für die CS ein? grün
Das Vertrauen in die Bank hat gelitten, sagte Rohner explizit.

Wie reagieren Ihre Kunden? rot
Das führte Rohner nicht aus. Aber er entschuldigte sich jedenfalls bei den Kunden.

Wie wollen Sie das Vertrauen in die Credit Suisse jetzt wiederherstellen? orange
Für Rohner ist die Angelegenheit mit der Untersuchung und den Abgängen der zwei Verantwortlichen erledigt. Ob damit das verlorene Vertrauen zurückkommt, bleibt offen.

Es war höchste Zeit, dass CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (59) über den Beschattungs-Skandal informierte. Inwiefern er gestern an der Medienkonferenz die zwölf dringlichen Fragen beantworten konnte, die BLICK ihm bereits vor einer Woche gestellt hatte, lesen Sie hier.

Wer gab den Beschattungsauftrag? grün
Laut Rohner gab der operative Chef der CS, Pierre-Olivier Bouée (48), den Auftrag an den Sicherheitschef der Bank.

Waren Sie selbst darüber informiert? grün
Präsident Rohner sagte, dass er bis zum Auffliegen der Beschattung davon nichts wusste.

War CEO Tidjane Thiam informiert? Falls nein: Wie kann es sein, dass ein Auftrag ohne sein Wissen rausgeht? orange
Gemäss Untersuchung wurde Thiam von seinem Kumpel Bouée nicht eingeweiht. Doch Rohners Ausführung zu Thiams Unwissen war ungenügend. Es sei nicht üblich im Bankengeschäft, dass der CEO über eine solche Sache nicht informiert sei, sagte Rohner.

Was war der Zweck der Beschattung? grün
Der operative Chef machte sich Sorgen, dass sich Khan nicht an seine Austrittsvereinbarung hält und Kunden und Mitarbeiter abwirbt. Die Untersuchung fand übrigens gar keine Hinweise darauf, dass Khan gegen seine vertraglichen Bestimmungen verstossen hat.

War die Aktion legal? grün
Ja, aber sie entspricht laut Rohner nicht den ethischen Standards der CS.

Sind solche Methoden Usus bei der Credit Suisse? grün
Nein, Rohner verurteilt die Beschattung.

Wie reagiert der Verwaltungsrat? orange
Der Verwaltungsrat beauftragte eine externe Untersuchung – die den Konflikt Thiam–Khan aber ausklammerte.

Gibt es personelle Konsequenzen? Falls ja: Welche? Falls nein: Warum nicht? grün
Die zwei CS-Verantwortlichen für den Beschattungsauftrag müssen gehen.

Haben Sie sich bei Iqbal Khan entschuldigt? grün
Rohner hat sich bei Khan und seiner Familie in aller Form entschuldigt.

Wie gross schätzen Sie den Image- und Vertrauensverlust für die CS ein? grün
Das Vertrauen in die Bank hat gelitten, sagte Rohner explizit.

Wie reagieren Ihre Kunden? rot
Das führte Rohner nicht aus. Aber er entschuldigte sich jedenfalls bei den Kunden.

Wie wollen Sie das Vertrauen in die Credit Suisse jetzt wiederherstellen? orange
Für Rohner ist die Angelegenheit mit der Untersuchung und den Abgängen der zwei Verantwortlichen erledigt. Ob damit das verlorene Vertrauen zurückkommt, bleibt offen.

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