Auf einen Blick
- SpaceX startete private Raumsonde für Weltraumspaziergang
- Test eines neuen Raumanzugs mit grösserer Mobilität und Helm-Display
- Mission erreichte 1400 Kilometer Höhe, ISS ist 400 Kilometer hoch
Das hat es noch nie gegeben: Der US-amerikanische Raumfahrtkonzern SpaceX hat erfolgreich eine Besatzung für einen privaten Weltraumspaziergang ins All geschickt. Ursprünglich sollte die Besatzung den Ausstieg aus dem Crew Dragon bereits am Donnerstagmorgen Schweizer Zeit versuchen. Doch SpaceX musste den risikoreichen Weltraumspaziergang zweimal verschieben, ohne Angaben von Gründen.
Um 12.12 Uhr ging es dann aber los, die letzten Vorbereitungsarbeiten begannen. Sauerstoff wurde in die Raumanzüge geleitet. Dann wurde die Luke geöffnet, sie klemmte zu Beginn leicht. Aufatmen: Der Weg ins All ist frei. Milliardär Jared Isaacman (41) stieg auf einer Leiter aus der Kapsel. Um 13 Uhr zog er sich wieder ins Innere der Kapsel zurück. Es war ein kurzer «Spaziergang».
Dann machte sich Sarah Gillis (30) auf zu ihrem Spacewalk. Sie streckte ihren Kopf aus der Kapsel – 740 Kilometer über dem Pazifik. Und führte verschiedene Tests durch, instruiert vom Boden aus. Um 13.17 Uhr machte sie den Deckel der Kapsel wieder zu. Das wars auch für sie. Gillis setzte sich wieder hin. Der Weltraumspaziergang hat offensichtlich Kraft gekostet.
Milliardär mit schrägem, teuren Hobby
Im Fokus der fünftägigen Mission stand von Beginn an der milliardenschwere Unternehmer Jared Isaacman. Er und Crew-Mitglied Sarah Gillis wollten nacheinander jeweils für etwa 20 Minuten aussteigen – und das auf einer Höhe von rund 700 Kilometern. Sie schweben dabei nicht frei im Weltraum, sondern bleiben über Fussschlaufen an einer Art Leiter befestigt. Mit Atemluft werden sie über einen Schlauch aus dem Raumfahrzeug versorgt – nicht wie bei Ausseneinsätzen an der Raumstation ISS aus einem in eine Art Rucksack integrierten Tank.
Ein weiterer Unterschied ist, dass der Crew Dragon anders als die ISS keine Schleuse für Ausstiege besitzt. Für die in der Kapsel bleibenden Astronauten bedeutet das, dass sie ebenfalls in ihre von SpaceX entwickelten Raumanzüge schlüpfen müssen, weil sie bei offener Luke dem Vakuum des Weltraums ausgesetzt sind und es keine Atemluft mehr in der Kabine gibt.
Vorbereitend durchläuft die Besatzung bereits einen sogenannten Pre-Breathe-Prozess. Dabei wird dem Blut langsam Stickstoff entzogen, damit das Gas keine Bläschen in Gewebe und Blutkreislauf bildet, wenn sich der Druck ändert. Der Anzug soll grössere Mobilität als bisherige Anzüge gewährleisten. Zudem bietet er ein im 3D-gedruckten Helm eingebautes Display, eine Kamera sowie neue Materialien zur besseren Wärmeregulierung im eiskalten All.
Geglückter Start am Dienstag
Der Start hatte vom Nasa-Space-Center in Florida wegen des Wetters mehrfach verschoben werden müssen – am Dienstagmorgen klappte es dann. «Alles sieht gut aus, der Start ist geglückt», hiess es auf dem Livestream von SpaceX. Auch die Besatzung gab ein Zeichen – alle vier Personen an Bord der Raumsonde zeigten mit dem Daumen nach oben.
Einige Stunden später erreichte Polaris Dawn die maximale Höhe von 1400 Kilometern über der Erde. Bei dieser Höhe handelt es sich SpaceX zufolge um die grösste Entfernung von Menschen zur Erde seit den letzten Apollo-Missionen zum Mond in den frühen 1970er-Jahren. Zum Vergleich: Die Raumstation ISS befindet sich in etwa 400 Kilometern Höhe.
Die etwa acht mal vier Meter grosse Kapsel eines Crew Dragon kann bis zu sieben Menschen bis zu zehn Tage lang versorgen. Geschlafen wird in den Sitzen, die Toilette befindet sich hinter einem Vorhang. Neben Isaacman und Gillis gehören sind bei der aktuellen Mission auch die Privat-Astronauten Kidd Potee und Anna Menon an Bord.
Riskanter Test
Bei Ausseneinsätzen sind Astronauten einer höheren Gefahr als in Raumschiffen ausgesetzt. Die Orientierung in der Schwerelosigkeit ist anspruchsvoll, zudem muss die Ausrüstung extreme Temperaturschwankungen ausgleichen, Sauerstoff bereitstellen und vor Strahlung im All schützen. Lebensbedrohlich kann es werden, wenn die Sauerstoffversorgung gestört ist oder ein Astronaut vom Raumschiff getrennt wird. Normalerweise werden bei Ausseneinsätzen zum Beispiel an der ISS Wartungsarbeiten oder Experimente durchgeführt. Für den Erfolg von Missionen zum Mond und Mars gelten sie als entscheidend.
SpaceX will die Anzüge für spätere Missionen zum Mond und zum Mars testen. Von den Privat-Astronauten sollen zudem Experimente etwa zu den Auswirkungen von Raumflug und Weltraumstrahlung auf die menschliche Gesundheit durchführt werden. Auch eine laserbasierte Kommunikationstechnik des satellitengestützten Internetprogramms Starlink soll getestet werden.
Vorbereitung auf den Mars
Der Start von «Polaris Dawn» war wegen ungünstigen Wetters mehrmals verschoben worden. Zuletzt hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA der Falcon 9 zudem wegen eines Vorfalls bei einem früheren Start zeitweise die Starterlaubnis entzogen.
«Für den Bau einer Basis auf dem Mond und einer Stadt auf dem Mars werden Millionen Raumanzüge benötigt», hiess es von den Projektplanern. «Die Entwicklung dieses Anzugs und die Durchführung des Weltraumspaziergangs werden wichtige Schritte hin zu einem skalierbaren Design für Raumanzüge für zukünftige Langzeitmissionen sein, da das Leben multiplanetarisch wird.» Eine Kolonie auf dem Mars – das ist das langfristige Ziel der US-Weltraumbehörde Nasa. Mit dem «Artemis»-Programm will sie dafür aber zuerst – und zum ersten Mal seit mehr als einem halben Jahrhundert – wieder Menschen auf den Mond bringen. Eine Basis auf dem Erdtrabanten soll die Grundlage für Missionen zum Mars bilden.
Die eigentlich für November 2024 geplante bemannte Mondumrundung im Zuge von «Artemis 2» musste die Nasa allerdings gerade wegen Problemen mit Rakete und Raumschiff auf September 2025 verschieben, die geplante bemannte Mondlandung «Artemis 3» auf September 2026.
Start zum Mars 2026 – laut Musk
SpaceX-Chef Elon Musk will die lange Reise zum Mars aber trotzdem schon im übernächsten Jahr antreten – wenn auch erst einmal ohne Astronauten. «Die ersten Raumschiffe zum Mars werden in zwei Jahren starten, wenn das nächste Transferfenster Erde-Mars geöffnet wird», schrieb der Milliardär am Wochenende auf seiner Plattform X. Damit solle die Zuverlässigkeit von Landungen auf dem Planeten getestet werden.
«Wenn diese Landungen gut verlaufen, werden die ersten bemannten Flüge zum Mars in vier Jahren stattfinden», schrieb er weiter. Musk geht davon aus, dass eine sich selbst versorgende Stadt auf dem Mars in 20 Jahren möglich ist.