Bei rund 900 Weinbauunternehmen in der Schweiz zeigten sich zu Beginn des Sommers, dass bei einigen Reben die Blätter deformiert waren und keine Beeren wuchsen. Schnell geriet das Pilzschutzmittel «Moon Privilege» von Bayer unter Verdacht, die Schäden verursacht zu haben.
Die Erforschung der Ursache ist aber noch nicht abgeschlossen. Nach jetzigem Stand der Untersuchung seien die Wuchsanomalien sehr wahrscheinlich eine Folge der Verkettung mehrerer Umstände in der Anbau-Saison 2014, wie Bayer am Dienstag mitteilte.
Es gebe Hinweise, wonach die Wuchsanomalien mehrheitlich dann aufgetreten seien, wenn «Moon Privilege» in späten Wachstumsphasen der Reben angewendet wurde und eine extrem regnerische Witterung herrschte. Derzeit werden die Schäden systematisch erfasst.
Bayer will den betroffenen Weinbauern voraussichtlich im 1. Quartal 2016 je nach Betroffenheit individuelle Angebote für eine freiwillige Zahlung unterbreiten. Über die Entschädigungssummen machte die Medienstelle von Bayer Schweiz auf Anfrage keine Angaben.
Der Schweizerische Weinbauernverband hatte Ende September der Nachrichtenagentur sda angegeben, dass wegen dem Pilzschutzmittel 4,85 Prozent einer Durchschnittsernte fehlen würden. Der Ernteverlust beläuft sich auf 6,65 Millionen Kilogramm Trauben.
Bei einem Einkaufspreis von 4 Franken ergibt das einen Gesamtverlust von 26,6 Millionen Franken, wie der Weinbauernverband festhielt. Der Preis für verkauften Wein liegt jedoch drei bis viermal so hoch wie die Einkaufskosten für die Trauben. Die Weinbranche rechnet deshalb mit Umsatzeinbussen von bis zu 80 Millionen Franken.
Der Interims-Präsident des Weinbauernverbandes, Willy Deladoëy, wertet den Schritt von Bayer als «sehr gutes Zeichen». Die Winzer seien am Dienstag in einem Schreiben von Bayer informiert worden.
Der Pharma- und Chemiekonzern habe darin festgehalten, dass auf Basis der Umsatz-Ausfälle entschädigt werde. Über allfällige Beträge wurden aber auch die Weinbauern noch nicht informiert. Es sei sehr positiv, dass nun rasch entschädigt werde, sagte der Waadtländer Winzer am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Einige der 900 betroffenen Unternehmen hätten einen Grossteil ihrer Trauben verloren. Sie verfügten wegen der angespannten Lage im Weinmarkt nicht über die notwendigen flüssigen Mittel, um Trauben von anderen Bauern zu kaufen.
Der Weinbauernverband versucht derzeit in den Regionen zu eruieren, wie viele Winzer finanzielle Hilfen benötigen.
Nach der Ankündigung von Entschädigungen durch Bayer hält es der Interims-Präsident des Schweizer Weinbauernverbandes für möglich, dass Gerichtsprozesse vermieden werden können. Das liegt allerdings nicht nur in den Händen des Verbandes.
Im Fall einer juristischen Auseinandersetzung müsste gemäss Schweizer Recht jeder betroffene Winzer selber klagen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass einige Winzer vor Gericht gehen könnten, falls sie mit den Entschädigungen nicht einverstanden seien, sagte Deladoëy. Es komme nun darauf an, was Bayer bieten werde. (SDA)