Baumeister starten Charmeoffensive bei Büezern
«Wir bieten die höchsten Handwerkerlöhne in Europa»

Für die Büezer steht aktuell mit den Verhandlungen für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag viel auf dem Spiel. Die Gewerkschaften werfen den Baumeistern vor, die Arbeitsbedingungen verschlechtern zu wollen. Die Baumeister gehen nun selbst in die Kommunikationsoffensive.
Publiziert: 18.04.2022 um 00:52 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2022 um 14:08 Uhr
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Gian-Luca Lardi, Präsident des Schweizer Baumeisterverbands (SBV), will einen unternehmerfreundlicheren Gesamtarbeitsvertrag aushandeln.
Foto: Valeriano Di Domenico
Martin Schmidt

Die Büezer lassen es auf den Schweizer Baustellen gehörig scheppern. Die Auftragsbücher sind voll, der Termindruck ist hoch. In der Baubranche geht die Post ab. Doch es gibt laute Nebengeräusche. Die Gewerkschaften und der Schweizer Baumeisterverband (SBV) führen harte Verhandlungen um einen neuen Landesmantelvertrag (LMV). Streitpunkte sind vor allem die Arbeitszeiten und Löhne der Maurer, Poliere oder Strassenbauer der nächsten Jahre.

Dabei geht die Gewerkschaft Unia mit dem SBV hart ins Gericht: «Die konjunkturelle Lage ist top, Baugesuche und Investitionen liegen auf Rekordniveau, und die Baumeister wollen trotz Fachkräftemangel die Arbeitsbedingungen verschlechtern», wetterte Nico Lutz (51), Bausektor-Chef bei der Unia, zu Beginn der Verhandlungen gegenüber Blick.

Längere Arbeitstage und mehr Leistungslohn

Tatsächlich will der SBV den neuen Landesmantelvertrag liberaler gestalten. Die Baumeister wünschen sich flexiblere Arbeitszeiten und bezahlbare Löhne. Damit dürfte den Handwerkern bei Hochbetrieb längere Arbeitstage blühen – und manch einem ein tieferer Lohn.

Der SBV streicht jedoch hervor, dass das für die Büezer auch Vorteile hat. «Baumeister und Bauarbeiter haben viele gemeinsame Interessen, gerade auch bezüglich mehr Freiheiten privat und im Beruf durch flexiblere Arbeitszeiten, oder dass sich gute Leistung mit individueller Entlöhnung lohnen soll», sagt SBV-Sprecher Matthias Engel. Aus Sicht des SBV soll sich gute Arbeit künftig mehr lohnen.

Baumeister leiden unter Margendruck

Die Baumeister sind trotz Hochkonjunktur im Bausektor unter Druck. Bei Baufirmen, die viel Geld in die Digitalisierung investiert oder sich auf ein Spezialgebiet fokussiert haben, mögen die Margen stimmen. Alle anderen befinden sich jedoch in einem aggressiven Preiskampf, bei dem jeder Franken darüber entscheidet, ob eine Firma den Auftrag an Land ziehen kann. Der Ukraine-Krieg befeuert derzeit die Preise von Baumaterialien wie Holz und Stahl und verschärft die Situation weiter.

Für Unia-Mann Lutz wären längere Arbeitstage jedoch völlig kontraproduktiv: «Die Arbeitszeiten im Bausektor sind bereits heute mit die flexibelsten der Schweiz, und sie schützen gerade auch die Baufirmen. Für die Auftraggeber kann ein Bauwerk nicht schnell genug fertiggestellt sein. Mit noch flexibleren Arbeitszeiten wird es nur noch darum gehen, welche Baufirma den frühesten Termin anbietet.»

SBV kontert «aggressive Beiträge»

Dass die Büezer deswegen künftig schon mal elf, 12 Stunden auf der Baustelle stehen sollen, wird auch in der Unia-Zeitschrift «Work» heftig kritisiert. Der SBV kann diesen «aggressiv aufgebauten Beiträgen» nicht viel abgewinnen, wie Engel sagt. Der Branchenverband hat deswegen nun reagiert und geht mit den «Baunews» selbst in die Kommunikationsoffensive. Bei der ersten Auflage wurden gut 52'000 Exemplare an die Büezer verteilt.

Das Ziel ist klar: Die Baumeister wollen ihr Image bei ihren Büezern aufpolieren. «Wir bieten heute attraktive Arbeitsplätze mit den höchsten Handwerkerlöhnen Europas, die wir auch künftig erhalten wollen», sagt SBV-Zentralpräsident Gian-Luca Lardi (52) zu Blick.

Ein Hilfsarbeiter ohne Berufsabschluss erhält mindestens 4573 Franken im Monat. Bei den Vorarbeitern liegt der Mindestlohn bei 6240 Franken.

Drei Geschäftsleitungsmitglieder haben gekündigt

Die Forderungen des SBV sind jedoch auch in den eigenen Reihen umstritten. Die Walliser Baumeistersektion warf dem nationalen Verband in einem Schreiben «in den nationalen Verhandlungen» Dogmatismus vor. «Der Kampf werde eher gegen eine Gewerkschaft geführt als für das Wohlergehen der Arbeitnehmer und Unternehmen», heisst es darin weiter.

Es kursieren auch Gerüchte, dass beim Branchenverband selbst der Haussegen schief stehen soll. So haben in dem für den SBV so wichtigen Verhandlungsjahr gleich drei von sieben Geschäftsleitungsmitglieder gekündigt, darunter auch SBV-Direktor Benedikt Koch (50). Ein weiteres Geschäftsleitungsmitglied geht in Frühpension. Weil Koch Ende Mai geht, führt SBV-Präsident Gian-Luca Lardi (52) die Verhandlungen.

«Die personellen Veränderungen beim SBV stehen in keinen Zusammenhang mit den LMV-Verhandlungen. Mit der breiten Aufstellung der SBV-Verhandlungsdelegation ist das Know-how in den Verhandlungen sichergestellt», sagt Sprecher Engel zu den Gerüchten.

Der SBV hat bereits mehrfach mit einem vertragslosen Zustand gedroht, sollten die Verhandlungen nicht zum gewünschten Ziel führen.

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