Bauern müssen Tiere schlachten
Jetzt wird in grossem Stil Rindfleisch importiert

Den Schweizer Bauern geht wegen der Trockenheit das Futter aus. Deshalb landen mehr Rinder im Schlachthof, das drückt die Preise. Ausgerechnet in dieser Situation gehen die Grenzen für Import-Rinder auf.
Publiziert: 10.08.2018 um 01:05 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:16 Uhr
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Bauer Locher hat schon drei Wochen seines Winterfutters verfüttern müssen, der Berg hinter ihm ist schon deutlich kleiner geworden.
Foto: Siggi Bucher
Christian Kolbe

Jetzt platzt den Bauern der Kragen! «Ich bin stinksauer auf Proviande», wettert Werner Locher (64) über den Verband der Fleischbranche. Der Milchbauer und Fleischproduzent kennt die Sorgen und Nöte der Landwirte: «Das trockene Wetter trifft uns brutal. Im Moment muss ich bereits das Futter verfüttern, das für den kommenden Winter vorgesehen war.» Denn auf den staubtrockenen Wiesen finden die Tiere zu wenig Nahrung. 

Das sorge bei vielen Kollegen für schlaflose Nächte, so Locher. «Wie lange reicht im Winter das Futter für meine Tiere, wenn ich jetzt schon vom Wintervorrat verbrauchen muss?», würden sich viele fragen.

So manch ein Bauer kommt nach einer durchwachten Nacht deshalb zum Schluss, seine Kühe vorzeitig zur Schlachtbank zu führen. In der Schweiz arbeiten die Schlachthöfe derzeit auf Hochtouren, die Preise für Rindfleisch sind im freien Fall. Anstatt acht Franken pro Kilo Schlachtgewicht gibts im Moment gerade noch sieben Franken pro Kilo. Das ist zwar immer noch mehr als im Hitzesommer 2003, damals lag der Kilopreis deutlich unter sechs Franken. 

Rinderimport trotz Preiszerfall 

Was Locher sauer aufstösst: Ausgerechnet in dieser angespannten Lage beschloss Proviande Ende Juli die Einfuhr von 800 Tonnen Kuhhälften zu beantragen. Das ist ein Importkontingent von rund 2400 Kühen. Dieses könnte den Preiszerfall beschleunigen. Denn Importkühe sind nur halb so teuer wie Schweizer Rinder. 

«Ich begreife Bauern, die jetzt sauer sind», sagt Proviande-Präsident Markus Zemp (64) zu BLICK. Er zeigt sich einsichtig: «Im Nachhinein ist man immer schlauer. Mit dem Wissen von heute würden wir diese Importe nicht mehr machen.» Zemp sagt aber auch: «Es wird auch etwas auf Panik gemacht. Nicht alle Schlachthöfe wurden diese Woche überrannt.» Jetzt gehe es darum, Massnahmen zu treffen, um die momentane Situation zu bewältigen.

Krisensitzung bei Proviande

Eile tut Not. BLICK weiss, Präsident Zemp hat den Verwaltungsrat von Proviande für heute zu einer ausserordentlichen Sitzung zusammengetrommelt. Was dabei genau zur Sprache kommen soll, verrät Zemp nicht. Er gibt auch zu bedenken: «Grundsätzlich gibt es zu wenig Schlachtkühe in der Schweiz.» Im letzten Jahr wurde rund ein Fünftel des in der Schweiz verzehrten Rindfleischs importiert. Schlagzeilen machte schon im Sommer 2016 McDonalds: Die Hamburgerkette deckte während rund zehn Wochen einen Teil ihres Schweizer Rindfleischbedarfs mit Kühen aus Österreich.

Die Rechnung von Proviande: Die Kühe, die jetzt zur Schlachtbank geführt werden, fehlen im Herbst und Winter. Das Angebot sollte sich wieder verknappen. 

Bauern in Existenzangst

Die Preise könnten sich erholen. Für einige Bauern vielleicht zu spät: «Viele Bauern haben die Nase voll, ihnen ist es verleidet», sagt Bauer Locher. Ein Drittel der Schweizer Bauern hat im Geiste bereits aufgegeben, trägt sich mit dem Gedanken, den Bettel hinzuschmeissen.»

Bauer Locher hofft jetzt auf viel Regen. Dann könnte er mit Kollegen auf einem abgeernteten Feld nochmals Gras aussäen und auf einen zusätzlich Schnitt hoffen. Das würde die Futtersituation entspannen.

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