Es war einmal mehr eine Art Porta-Alpina-Gottesdienst, der sich in der Junisession im Bündner Grossen Rat in Chur abspielte. Ohne eine einzige Gegenstimme verabschiedete das Parlament ein Postulat an die Kantonsregierung mit dem Auftrag, neue Verhandlungen über einen Bau des unterirdischen Bahnhofs im Gotthard-Basistunnel aufzunehmen.
Von der Regierungsbank aus wurde gesagt, was alle längst wissen: Ein Bahnhof 800 Meter unter dem Boden von Sedrun im Bündner Oberland würde die Fahrzeiten in die touristischen Gebiete im Gotthardraum erheblich verkürzen.
Die Gotthardregion und das Bündner Oberland liessen sich aus dem norditalienischen Grossraum Milano, dem Tessin oder nordseits aus Zürich oder Luzern viel schneller erreichen. Die Vorstellung, der unterirdische Bahnhof würde scharenweise Touristinnen und Touristen an die Erdoberfläche befördern, lässt die Pulsfrequenzen in der Fremdenverkehrsbranche ansteigen.
2007 strandete die Porta Alpina ein erstes Mal. Der damalige Bündner Regierungsrat und heutige CVP-Ständerat Stefan Engler erklärte der Öffentlichkeit nach sieben Jahren Planung, das Projekt sei zu riskant, finanziell und betrieblich.
Die Züge rasen im Schnitt mit 200 Kilometern pro Stunde durch den mit 57 Kilometern längsten Eisenbahntunnel weltweit. Für eine Durchfahrt durch die ganze Röhre brauchen sie nur knapp 20 Minuten. Stopps am Bahnhof unterhalb Sedrun wären nicht so leicht zu organisieren.
2012 verkündete der Bundesrat, vorläufig auf die Porta Alpina zu verzichten. Die SBB hatten einen Bericht erstellt im Auftrag des Kantons Graubünden. Sie kamen zum Schluss, dass ein minimaler Betrieb des unterirdischen Bahnhofs zu einer Ergebnisverschlechterung von neun Millionen Franken pro Jahr führen würde.
Die inzwischen gemachten Erfahrungen mit dem Anfang Juni 2016 in Betrieb genommenen Gotthard-Basistunnel erhöhten die Realisierungschancen für die Porta Alpina nicht grundsätzlich. Aber um den Einstieg zum Gotthard-Basistunnel herum ist viel investiert worden.
Der ägyptische Unternehmer Samih Sawiris baute in Andermatt UR Hotels und Ferienwohnungen mit rund 3000 Gästebetten. Er schoss zudem eine Menge Geld ein in den Ausbau des Wintersportgebiets, das er mit jenem auf der anderen Seite des Oberalppasses verband, mit Sedrun, dem Standort des unterirdischen Bahnhofs.
Kein Wunder, ist der Ägypter seit Jahren ein glühender Verfechter der Porta Alpina. Immerhin investierte er im Urserental über eine Milliarde Franken und schuf 700 Arbeitsplätze. Der Kanton Uri verlieh dem 63-Jährigen dafür das Ehrenbürgerrecht.
Ausserdem veränderten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen. Seit Inkrafttreten der Bundesvorlage über die Finanzierung und den Ausbau der Bahninfrastruktur (Fabi) im 2014 ist die Schweiz in sechs Regionen eingeteilt. Diese Regionen müssen in sich einig darüber werden, welche Ausbauvorschläge sie dem Bund unterbreiten.
Graubünden muss seine Bahnwünsche einbringen im Verbund mit sechs anderen Kantonen aus der Ostschweiz. Die Ostschweizer Kantone erarbeiteten ihre Angebotsvorstellungen für den Regionalverkehr im 2030 und reichten sie dem Bund ein. Von einer Porta Alpina ist darin nichts zu sehen.
Die SBB halten sich ohnehin zurück mit Verlautbarungen zum unterirdischen Bahnhof. Sie verweisen auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA an den Bund. Er sei zuständig für Bahninfrastruktur und -angebot.
Im Bundesamt für Verkehr ist der Stand der Porta Alpina der gleiche wie vor acht Jahren. Auf Anfrage wird auf die Medienmitteilung des Bundesrat von 2012 verwiesen, als der vorläufige Verzicht auf den Zugang zum Gotthard-Basistunnel kommuniziert wurde.
Und dort steht eine Aussage zu lesen, welche die Sache für die Anhänger des unterirdischen Bahnhofs nicht einfacher macht: Zur Realisierung müsste ein neues Projekt eingereicht werden mit zusätzlichen Nachweisen zur Sicherheit und zum Betrieb. Der Ball liegt somit wieder bei der Bündner Regierung respektive bei der Planungsregion Ostschweiz.
Einstweilen bleiben die Worte des früheren Bündner Regierungsrates Stefan Engler im Raum stehen, der beim Aus der Porta Alpina 2007 sagte: Eine nächste Generation könne mit einem neuen, vielleicht etwas grosszügigeren Konzept die Vision wieder aufleben lassen. Die 15 Millionen Franken, die unterhalb Sedrun für den Ausbruch zukünftiger Wartehallen ausgegeben wurden, seien nicht verloren.
(SDA)