Über die Nützlichkeit von Selbsttests lässt sich streiten. Fest stand aber schon Anfang März: Sie sind eine wichtige Ergänzung der bundesrätlichen Testoffensive.
Roche verkauft zehn Millionen Einheiten
Seit eineinhalb Wochen gibt es Selbsttests nun in den Apotheken. Und die Nachfrage ist gross: Zehn Millionen Einheiten hat Roche in den ersten Tagen verkauft. Eine Fünferpackung wird mit 54 Franken verrechnet, getragen von den Steuerzahlern.
Ein gutes Geschäft für den Basler Pharmariesen – und nur für ihn: Der Roche-Selbsttest ist der einzige, der in der Schweiz erlaubt ist. So will es das Bundesamt für Gesundheit. Dort liegen zwar seit Wochen auch Gesuche anderer Anbieter auf dem Tisch. Doch keines wurde bislang bewilligt.
«Das Roche-Monopol ist unhaltbar», kritisiert Felix Schneuwly (60), Gesundheitsexperte von Comparis. Das BAG verteidigt sich: «In der Schweiz ist im Gegensatz zu anderen Ländern der Nachweis erforderlich, dass die Selbsttests auch in unabhängigen klinischen Studien ihre Zuverlässigkeit bewiesen haben. Der Grossteil der eingereichten Anträge ist unvollständig oder erfüllt die Anforderungen nicht.» Deshalb ziehe sich die Prüfung in die Länge.
Überprüfung des BAG sei sinnlos
Felix Schraner (45), Dozent für Wettbewerbsrecht an der ZHAW, findet das unverständlich: «Selbsttests sind wohl nicht gesundheitsgefährdend. Die Schweizer Behörden könnten problemlos die Testbeurteilungen aus der EU übernehmen und so für mehr Wettbewerb und tiefere Konsumentenpreise sorgen.» Schraner kritisiert die Lethargie der Zuständigen: «Ein Swiss Finish ist auch hier nicht angezeigt.»
Für Gesundheitsexperte Schneuwly ist nicht nachvollziehbar, warum das BAG die Tests überhaupt prüft. «Wenn es um Medikamente oder Impfungen geht, ist die Zulassungsstelle Swissmedic verantwortlich.» Das sei auch sinnvoll: «Dann gibt es eindeutige inhaltliche Begründungen für die Zulassungen. Und es ist klar, wer entscheidet. Beim BAG weiss man das nicht.»
Noch profitiert Roche
Die Behörde selbst weicht dieser Frage aus: Die Prüfung erfolge durch «BAG-Experten», heisst es nebulös. Bei Bedarf ziehe man externe Fachleute hinzu. Deutlicher ist die Stellungnahme zum Monopol-Vorwurf: «Es handelt sich nicht um ein vom Staat durchgesetztes Monopol», argumentiert das BAG. «Alle Hersteller können ein Gesuch einreichen.»
Rechtsanwalt Schraner sieht das anders: «Märkte funktionieren nur, wenn mindestens zwei Anbieter da sind. Das ist bei den Selbsttests in der Schweiz bis heute nicht der Fall.»
Dass es sich um ein temporäres Monopol handelt, bestätigt Mathias Binswanger (57), Wirtschaftsprofessor an der Fachhochschule Nordwestschweiz. «Doch bei pharmazeutischen Produkten sind Monopole keine Seltenheit.» Da gebe es häufig wenige Anbieter und strenge Verfahren. «Jetzt profitiert Roche bei den Selbsttests, weil der Konzern die Monopolrente abschöpfen kann. Aber danach streben alle Unternehmen.»
Weitere Selbsttests auf dem Weg
Thomas Schinecker (45), Diagnostik-Chef von Roche, sagt im Interview mit SonntagsBlick: «Wir waren früher dran als andere, aber das heisst nicht, dass künftig keine Konkurrenz auf den Schweizer Markt kommt.»
Bloss: Wann wird das sein? Das BAG will sich nicht festlegen. Weitere Selbsttests würden «in den kommenden Wochen» genehmigt.