Axpo schreibt 540 Millionen ab
Pumpspeicherwerk über Jahre unrentabel

Eine halbe Milliarde Franken schreibt die Axpo auf ihrem neuen Pumpspeicherwerk (PSW) Limmern ab. In den nächsten Jahren lässt sich mit dem Speichern von Energie kaum mehr Geld verdienen. Dass sich das in Zukunft ändert, ist laut Experten zwar wünschenswert, aber keineswegs sicher.
Publiziert: 19.09.2016 um 14:37 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:55 Uhr
Blick auf die Staumauer Muttsee des Pumpspeicherwerks Limmern der Axpo Holding AG.
Foto: Keystone/GIAN EHRENZELLER

Erst etwas mehr als eine Woche ist es her, seit die Axpo ein zentrales Element des 2,1 Milliarden teuren Jahrhundertwerkes PSW Limmern im glarnerischen Linthal eingeweiht hat: Die Staumauer des Muttsees. Doch kaum vollendet, muss der Energiekonzern den Wert des Werks in ihren Büchern um 540 Millionen Franken nach unten korrigieren, wie die Axpo am Montag mitteilte.

Seit dem Baubeschluss 2009 haben sich die Ertragsaussichten für solche Kraftwerke massiv verschlechtert. Der Strompreis ist erodiert. Ebenfalls geschrumpft ist die Preisdifferenz zwischen Grundlaststrom und Spitzenstrom.

Preisdifferenz entscheidend

Für die Profitabilität der Pumpspeicherwerke ist diese Differenz entscheidend. Denn mit günstigem Strom pumpt das Werk Wasser aus dem Limmernsee in den höher gelegenen Muttsee. Wird auf einen Schlag viel Strom benötigt, beispielsweise in den Morgen- und Abendstunden, wird das Wasser wieder abgelassen und zur Stromproduktion genutzt.

Pumpspeicherwerk Limmern: Das Jahrhundertwerk sei für die Versorgungssicherheit der Schweiz äusserst wichtig, aber in den nächsten Jahren nicht rentabel.
Foto: Keystone/ALESSANDRO DELLA BELLA

Weil die Nachfrage dann höher ist, kann für den Strom mehr Geld verlangt werden. Mit der Differenz erzielt das Pumpspeicherwerk seine Einnahmen. Diese müssen die Kapital- und Betriebskosten abdecken sowie den Energieverlust, der bei diesem Vorgang entsteht, wie Stefan Roth erklärt, Dozent für Erneuerbare Energie an der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Im Idealfall sollte zudem auch etwas Gewinn übrig bleiben. Heute allerdings reicht die Differenz nicht einmal mehr zur Deckung der Kosten aus. Die Axpo rechnet nicht damit, dass sich das mittelfristig ändert. Da allerdings künftig etwa durch die Solarenergie zunehmend unregelmässig Strom produziert wird, erhofft sich die Axpo, langfristig wieder Geld mit dem Pumpspeicherwerk verdienen zu können.

Laut Energie-Experte Roth wird das nur dann möglich sein, wenn sich das heutige Strom-Marktmodell ändert. Denn heute bezahlen Konsumenten nur den effektiv gelieferten Strom. Damit würden aber die Kosten nicht gedeckt, sagt Roth. Denn die Pumpspeicherwerke hielten grosse Kapazitäten bereit, für die sie die Kosten alleine tragen müssten. Für diese Kapazitäten müsse es Abgeltungen geben.

Entwicklungsschub bei Batterien

Zudem haben die Pumpspeicherwerke Konkurrenz bekommen: Gebündelte flexible Verbraucher sowie insbesondere die neuen Speichertechnologien wie Batteriespeicher. Diese sorgen dafür, dass Schwankungen beim Stromverbrauch und damit auch bei den Preisen besser ausgeglichen werden können.

Karl Frauendorfer, Direktor des Kompetenzzentrum Energiemanagement der Universität St.Gallen erwartet in den nächsten Jahren einen starken Entwicklungsschub in diesen neuen Speichertechnologien.

Frauendorfer gibt aber auch zu bedenken, dass Pumpspeicherwerke effizienter seien als Batterien, eine höhere Energiekapazität sowie eine längere Lebensdauer aufwiesen. Batterien müssten etwa nach 10 Jahren ersetzt werden.

Die Bauarbeiten für die längste Staumauer der Schweiz und die höchstgelegene Europas dauerten fünf Jahre. Die Axpo beziffert die Investitionskosten mit 2,1 Milliarden Franken.
Foto: Keystone/GIAN EHRENZELLER

Mit den Pumpspeicherwerken könne die Schweiz zudem die Abhängigkeit vom Ausland reduzieren, womit wiederum neue Opportunitäten im Stromhandel mit den Nachbarstaaten geschaffen werden. «Pumpspeicherwerke werden immer noch benötigt, man verdient nur weniger Geld damit«, sagt Frauendorfer.

Angesichts der unsicheren Entwicklung und den hohen Investitionskosten sind auch geplante Pumpspeicherwerke auf Eis gelegt worden. So verzichtet der Bündner Stromkonzern Repower derzeit auf eine Realisierung des Mega-Pumpspeicherwerks Lagobianco im Puschlav.

Um dieses doch noch realisieren zu können, müsste laut Frauendorfer das historisch tiefe Zinsumfeld genutzt werden, die neuen Opportunitäten mit den Nachbarstaaten eingerechnet werden sowie die Abschreibungsdauer erhöht werden. «Da die grossen Stromproduzenten aber derzeit nicht die nötige Risikofähigkeit besitzen und somit nicht die dafür nötige Bonität aufweisen, braucht es bonitätsstarke Investoren, die in der Folge an den Erträgen gerecht beteiligt werden sollten.»

Dritter Jahresverlust in Folge

Die Axpo muss allerdings nicht nur auf dem PSW Limmern, das zu 85 Prozent ihr gehört, eine happige Wertberichtigung vornehmen, sondern auch auf Wasser- und Kernkraftwerken sowie Energiebezugsverträgen. Auch die Axpo-Tochter CKW meldet Wertberichtigungen von 190 Millionen Franken und in der Folge einen drohenden Jahresverlust.

Axpo wird das dritte Jahr in Folge einen Verlust hinnehmen.
Foto: Keystone/ALESSANDRO DELLA BELLA

Insgesamt werden bei der Axpo die Anpassungen das Betriebsergebnis (EBIT) im Geschäftsjahr 2015/16 um 1,4 Milliarden Franken belasten. Das dürfte zum dritten Jahresverlust in Folge führen.

Die Eignerkantone Zürich, Aargau, Schaffhausen, Glarus und Zug müssen damit wohl erneut auf die Dividendeneinnahmen verzichten. Welche Auswirkungen der Verlust auf die Steuerzahlungen hat, kann die Axpo noch nicht sagen. Das Geschäftsjahr 2015/16 läuft noch zwei Wochen. Das Jahresergebnis legt der Konzern am 21. Dezember vor.

Auf der Suche nach neuen Ertragsquellen investiert die Axpo unter anderem in erneuerbare Energien. Im ersten Halbjahr habe sich bereits gezeigt, dass die Erträge daraus kontinuierlich anstiegen, schreibt der Konzern.

Nach Ansicht von Energie-Experte Frauendorfer reicht das allerdings noch nicht. Die Axpo habe erst spät auf die neuen Erneuerbaren Energien gesetzt, sagt Frauendorfer. «Mit der neuen Generation in der Führungsetage wird sich die Axpo sicherlich mehr einfallen lassen". Bei BKW etwa habe ein Führungswechsel bereits früher zu einer Neuausrichtung auf Energiedienstleistungen geführt. (SDA)

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