Aviatik-Experte Andreas Wittmer über die Skywork-Krise
«Zu kleine Flugzeuge, zu wenig Strecken und nur ein Nischenpublikum»

Aviatik-Experte Andreas Wittmer (43) von der Universität St. Gallen erklärt, warum derzeit so viele Airlines ums Überleben kämpfen. Er rechnet damit, dass es noch mehr Fluggesellschaften treffen wird. Momentan bestehe ein Überangebot.
Publiziert: 31.10.2017 um 11:15 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:21 Uhr
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Laut Aviatik-Experte Andreas Wittmer gibt es ein Überangebot an Airlines.
Foto: ZVG
Bastian Heiniger

BLICK: HerrWittmer, viele Airlines kämpfen derzeit ums Überleben oder sind dieses Jahr in Konkurs gegangen. Warum?
Andreas Wittmer:
Airlines, die jetzt in Konkurs gehen, sind entweder zu klein oder waren schon lange nicht profitabel. Alitalia wäre schon viel früher bankrott gegangen, wenn sie der italienische Staat nicht subventioniert hätte. Und Air Berlin war in den letzten zehn Jahren nie profitabel. Sie war quasi ein Gemischtwarenladen unter den Airlines. Die Air-Berlin-Tochter Belair wiederum litt unter dem zu breiten Angebot ihres Mutterkonzerns.

Es gibt jedoch immer mehr Passagiere. Müsste der Kuchen nicht für alle grösser werden?
Die Airlines stehen in einem extremen Konkurrenzkampf, weil es ein Überangebot gibt. Besonders auf den Kurzstrecken innerhalb von Europa. Dort bieten fast alle die gleichen Dienstleistungen. Deshalb müssen sie einander mit dem Preis unterbieten. Und die Kunden kaufen nur die billigsten Flüge.

Da haben die grossen Airlines einen Vorteil?
Je mehr Flüge eine Airline durchführt, desto tiefer sind im Vergleich die administrativen Kosten. Dadurch können die grösseren Airlines eher tiefe Preise anbieten.

Leidet darunter auch Skywork?
Skywork hatte auch in der Vergangenheit schon Probleme. Sie hat zu kleine Flugzeuge mit 60 bis 70 Plätzen, zu wenig Strecken und bedient mit dem Flugplatz Bern-Belp nur ein Nischenpublikum.

Was würde das Aus für den Flugplatz Bern bedeuten?
Das wäre eine grosse Herausforderung. Business-Jets alleine bringen nicht so viel Umsatz wie Linienflieger mit 60 Passagieren. Zumachen müsste der Flugplatz wohl nicht, aber sich anders positionieren.

Wie sieht es für die Mitarbeiter von Skywork und Belair aus?
Wenn Sie reisebereit sind, finden sie schnell etwas. Im Mittleren Osten und in China besteht eine grosse Nachfrage. In der Schweiz ist es schon schwieriger, weil der Markt begrenzt ist.

Was müsste sich ändern, damit nicht noch mehr Airlines grounden?
Bei den Passagieren stimmt die Wahrnehmung nicht mehr überein mit dem, was ein Flug tatsächlich kostet. Passagiere fühlen sich verschaukelt, wenn sie für einen Flug den Preis, der die tatsächlichen Flugkosten deckt, bezahlen müssen. Schuld daran sind die Airlines mit ihrer extremen Preisdynamik. Andererseits ist die Bereinigung noch nicht abgeschlossen. In den USA etwa gibt es nur noch drei grosse Airlines. Durch Fusionen konnten sie die Kosten senken und den Umsatz steigern. In Europa geht der Trend auch in diese Richtung. Gut möglich, dass es am Schluss vor allem noch Air France/KLM, Lufthansa und Iberia/British Airways gibt.

Klein, aber nicht oho

«Und dr Näbu chläbt über dr Startbahn», heisst es im Patent-Ochsner-Song «Bälpmoos». Und genau das ist ein Problem am Flugplatz.

Denn im Belpmoos gibt es keine Instrumente, um einen Flieger quasi blind landen zu können. Immer wieder müssen Flugzeuge abdrehen.

Bis spätestens 150 Meter Höhe muss entschieden werden: Landung oder nicht. Diese vom Bazl erlassene Regelung stelle eine «erhebliche operationelle Einschränkung» dar, heisst es vom Flugplatz. Das Amt kontert, die Regelung sei international und umgebungsabhängig. Schliesslich sei der Belp-Berg ein Hindernis und der hohe Tower nahe der Landebahn erschwere ein Durchstarten.

Schwierig wird es auch bei schlechtem Wetter und Wind. Dann muss der Pilot den Nord-Anflug abbrechen und eine Kurve nach Süden fliegen – per Hand und auf Sicht. Bis 2018 prüft das Bazl einen Antrag für Anflüge über GPS-Signal. Damit könnte der Flugplatz besser erreicht werden.

Im Belpmoos gibt es keine Instrumente, um einen Flieger quasi blind landen zu können.
Blick

«Und dr Näbu chläbt über dr Startbahn», heisst es im Patent-Ochsner-Song «Bälpmoos». Und genau das ist ein Problem am Flugplatz.

Denn im Belpmoos gibt es keine Instrumente, um einen Flieger quasi blind landen zu können. Immer wieder müssen Flugzeuge abdrehen.

Bis spätestens 150 Meter Höhe muss entschieden werden: Landung oder nicht. Diese vom Bazl erlassene Regelung stelle eine «erhebliche operationelle Einschränkung» dar, heisst es vom Flugplatz. Das Amt kontert, die Regelung sei international und umgebungsabhängig. Schliesslich sei der Belp-Berg ein Hindernis und der hohe Tower nahe der Landebahn erschwere ein Durchstarten.

Schwierig wird es auch bei schlechtem Wetter und Wind. Dann muss der Pilot den Nord-Anflug abbrechen und eine Kurve nach Süden fliegen – per Hand und auf Sicht. Bis 2018 prüft das Bazl einen Antrag für Anflüge über GPS-Signal. Damit könnte der Flugplatz besser erreicht werden.

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