Ausverkauf das ganze Jahr
Modehändler fetzen sich in der Rabatt-Schlacht

Früher gab es jährlich zwei Ausverkäufe – heute hören sie gar nicht mehr auf. Die Modebranche steckt in einem Teufelskreis fest.
Publiziert: 19.04.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:03 Uhr
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Wie im Film «Shopaholic» rechnen Frauen besser: Laut einer Studie achten 70 Prozent der Frauen in Deutschland beim Kleiderkauf auf Rabatte.
Foto: outnow.ch
Bastian Heiniger, Patrik Berger, Michael Bolzli

Wer derzeit durch die Einkaufsstrassen schlendert, dem stechen schrille Sale-Schilder ins Auge – und keine sexy Schaufensterpuppen. Kaum sind die Wintersachen verscherbelt, geht die Aktionitis weiter. ­Midseason-Sale heisst der neuste Trick der Textilmultis, um Kundschaft in die Läden zu locken. Benetton, C&A, WE, Mango oder Tally Weijl überbieten sich mit Rabatten von bis zu ­70 Prozent. Nicht für Ladenhüter, sondern für Kleider der aktuellen Frühlings- und Sommer-kollek­tion.

Online-Verkauf, starker Franken und Einkaufstourismus

Das freut die Konsumenten. Wer konsequent ist und nur bei Rabattaktionen kauft, kann viel Geld sparen. Doch Händler erleben harte Zeiten. Online-Verkauf, starker Franken und Einkaufstourismus stürzen die Branche in die Krise. Bekannte Modeketten wie Companys oder Bernie’s gingen letztes Jahr pleite, andere kämpfen ums Überleben und streichen ihr Filialnetz zusammen. Die Schuhkette ­Bata etwa schliesst sämtliche 29 Geschäfte. Damit nicht genug: «Es wird zu weiteren Konkursen kommen», sagte Navyboot-Chef Philippe Gaydoul gestern im BLICK. «Im Markt herrscht Panikstimmung.»

Ganzes Jahr Ausverkauf

Navyboot hat die Konsequenzen gezogen und den Ausverkauf eingedämmt. Doch bei manchen Konkurrenten gibt es kein Halten. «Heute ist das ganze Jahr über Ausverkauf», sagt Detailhandelsexperte Thomas Hochreutener (61) vom Marktforschungsinstitut GfK. «Es ist ein Teufelskreis – die Kunden gewöhnen sich an die Rabatte.» Die Geschäfte gäben ihre Ware lieber 30 oder 50 Prozent billiger weg, als dass sie im Lager veralte und unverkäuflich werde.

In der Rabattschlacht mischt auch Globus mit. Mit «Jetzt-oder nie»-Angeboten verkauft das Warenhaus derzeit Poloshirts, Spielwaren und Weine zu Spottpreisen. «Das sind zugekaufte Bestseller, bei denen wir bewusst auf Marge verzichten», sagt Globus-Chef Thomas Herbert (46). «Da beugen wir uns dem Druck der Konsumenten, denen wir auch unter dem Jahr eine Möglichkeit zum Profitieren bieten wollen.»

Ähnlich tönt es bei der Modekette C&A, die derzeit mit einem Midseason-Sale wirbt. «Den Kunden bieten wir so die Möglichkeit, aktuelle Produkte bereits während der Saison zu reduzierten Preisen zu kaufen», sagt Sprecher Peter Gadient.

Manche sehnen sich nach den Zeiten zurück, als der Ausverkauf noch gesetzlich geregelt war. Eine solche Lösung sei zwar unrealistisch, sagt Globus-Chef Herbert. «Aber es wäre ein Traum für die Händler, wenn man wie früher nur zweimal jährlich einen regulären Aus­verkauf hätte.»

Ak­tionspolitik macht den Markt kaputt

Das findet auch Fritz Rogger (62), der Kleidergeschäfte in Luzern und Baden AG betreibt: «Ich wäre der Erste, der für Regulierungen Unterschriften sammeln würde. Die grossen Ketten machen mit ihrer Ak­tionspolitik den Markt kaputt – und auch die einzelnen Labels.» Wie Gaydoul widersetzt sich Rogger der Rabattschlacht und schreibt die Preise nur Anfang Januar und Ende Juli herunter.

Die ausufernden Aktionen sind selbst der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) ein Dorn im Auge: «Störend ist vor allem, dass Kleider gezielt für die ­Ak­tionen gekauft werden», sagt SKS-Präsidentin Prisca Birrer-Heimo (57). Das sei laut der Preisbekanntgabeverordnung nicht zulässig. Die Ware müsse vorher während ­einer bestimmten Zeit zum regulären Preis im Laden angeboten werden. «Es gibt aber Kleiderhändler, die sich nicht daran halten.»

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