Ob im Warenhaus oder beim Elektronik-Discounter: Mindestens ein Mal pro Jahr, meist am Ende des Geschäftsjahres, kontrollieren die Detailhändler ihre Warenbestände. Viele nehmen die Inventur selbst in die Hand. So etwa Migros, Coop, Aldi, Lidl, Loeb oder Jelmoli: Dort müssen die eigenen Angestellten ran.
Andere geben diese mühselige, aber notwendige Arbeit an sogenannte Inventurfirmen ab. Etwa an den umstrittenen Marktführer Ivalis aus Kriens LU (BLICK berichtete). Zu seinen Kunden gehören die Baumärkte Obi, Hornbach und Jumbo, das Modehaus PKZ sowie die Ketten The Body Shop und Fressnapf. Grösste Ivalis-Kunden sind die Manor-Warenhäuser mit einem Auftragsvolumen in Millionenhöhe.
«Wir verstärken unsere Kontrollen»
Diese Firmen gehen unterschiedlich mit den BLICK-Enthüllungen um. «Wir werden unsere Kontrollen gegenüber unserem Inventurdienstleister weiter verstärken», kündigt Fressnapf-Geschäftsführer Sven Girmendonk (39) an. Dagegen sagt Manor-Sprecherin Elle Steinbrecher: «Nach einer ersten Analyse der Situation sehen wir keinen Anlass, etwas in der Zusammenarbeit mit Ivalis zu ändern.»
Jumbo sucht das Gespräch: «Wir kennen die geschilderte Situation nicht aus eigener Erfahrung. Die Mitarbeitenden von Ivalis wirken motiviert und aufgestellt», sagt Sprecher Fabian Rauber. Allerdings wolle er mit der Inventurfirma sprechen. PKZ und The Body Shop wollten keinen Kommentar abgeben.
Ivalis beherrscht den Schweizer Markt
Neben Ivalis ist auch die deutsche Firma OMS Inventuren in der Schweiz tätig. Sie macht zum Beispiel für Media Markt die Inventur. Auf ihrer Homepage macht sich OMS für die Einhaltung des Schweizer Arbeitsgesetzes stark. Mit BLICK sprechen wollten die Deutschen aber nicht.
Die deutsche Firma Lauer Inventur Service, die laut eigener Website in der Schweiz tätig ist, präzisiert auf Nachfrage: «Wir ziehen uns zurück. Der letzte Auftrag in der Schweiz ist zwei Jahre her.» Der bürokratische Aufwand sei zu gross, die Mindestlöhne zu hoch.
Schweizer Insider packt aus
Das Problem: Schweizer Inventur-Anbieter können preislich nicht mithalten. «Als Schweizer KMU hat man gegen die Grossen der Branche in Europa keine Chance», klagt A. M.*, der bis vor kurzem eine Schweizer Inventurfirma führte.
«Ich hätte meine Leute schlecht bezahlen müssen», sagt er zu BLICK. Seine Schweizer Angestellten wollte er aber anständig entlöhnen. Er kalkulierte mit 28 Franken Stundenlohn. M: «So hatte ich keine Chance. Eine Firma, die seriös kalkuliert, kann in der Branche nicht überleben.»
Einen Grossauftrag der spanischen Modekette Zara hat M. abgebrochen. «Die Barcodes der Kleider waren so schlecht, dass man zum Einscannen vier Sekunden brauchte statt der halben Sekunde, die vertraglich vereinbart war. Ich hätte draufgelegt.»
*Name der Redaktion bekannt