Wer zu Hause keine Zeit fürs Frühstück hat, kann sich auch im Zug verköstigen. Zum Beispiel mit einem feinen Gipfeli. Noch werden diese grösstenteils von Hiestand geliefert, der zum Grosskonzern Aryzta gehört. Doch jetzt läuft der Auftrag bald aus. Deshalb suchen die SBB auf Anfang 2020 neue Gipfeli-Lieferanten, wie «20 Minuten» berichtete.
Um den Auftrag von insgesamt 1,1 Millionen Gipfeli pro Jahr sollen sich lokale Bäckereien bewerben können. Die SBB haben den Auftrag deshalb in einzelne Teilaufträge aufgespalten. In Zürich zum Beispiel sind 268'000 Stück pro Jahr gefordert, in Bern 98'000 Stück.
Noch genauer anschauen
BLICK hat sich bei Gipfeli-Bäckern umgehört, wie gross das Interesse am Prestige-Auftrag ist. «Die geforderten Mengen könnten wir liefern», sagt Urs Stocker (68), Inhaber und Chef der Conditorei Bäckerei Stocker aus Zürich. Er will sich die Ausschreibung noch genau anschauen. Neben der Menge seien auch andere Details wichtig, etwa das Zeitfenster für die Anlieferung oder die geforderte Grösse der Gipfeli.
«Wir sind die Ausschreibung am Prüfen und gehen zurzeit davon aus, dass wir uns um den Auftrag bewerben», sagt Matthias Bachmann von der Luzerner Confiserie Bachmann. Keine öffentliche Stellung zu einer möglichen Ausschreibung will die Bäckerei Hug mit Standort Luzern nehmen, heisst es dort auf BLICK-Anfrage.
Kapazität ist da
«Ja, kein Problem», sagt Katharina Barmettler-Sutter vom Basler Sutter Begg auf die Frage nach der Gipfeli-Kapazität. Im Jahr backen sie etwa 850'000 Gipfeli. «Wenn wir als regionale Bäckerei eine solche Chance kriegen, werden wir auf jeden Fall alle Hebel in Bewegung setzen, um ein attraktives Angebot abzuliefern», meint sie.
Interessiert zeigt sich auch Fredy's aus Baden AG. «Grundsätzlich sind die Volumen interessant», so ein Sprecher. Sie begrüssten, dass die SBB wieder regionale Bäcker im Sortiment berücksichtigen wollten. So würde die Vielfalt und Nachhaltigkeit im Backwarensegment gefördert.
Wichtig fürs Überleben
Auch die übrigen Unternehmen finden es erwartungsgemäss gut, dass die SBB lokales Gewerbe berücksichtigen wollen. «Ich finde das lässig», so Stocker. Es sei ganz in seinem Sinn und sicher besser, als Produkte quer durch die Schweiz zu fahren. Neben dem ökologischen Aspekt sei es auch gut und wichtig fürs Überleben von kleineren Unternehmen. Dass es Bäckereien nicht leicht haben, zeigt etwa der Konkurs der Traditionsbäckerei Gehr aus St. Gallen vor wenigen Tagen.
Ähnlich tönts in Luzern. «Als lokale Bäckerei in der vierten Familiengeneration mit der Produktion in der Stadt Luzern begrüssen wir den Entscheid sehr, im Sinne einer lokalen Wertschöpfung und der Erhaltung der Arbeitsplätze», sagt Bachmann. Zudem sei das ökologisch sinnvoll.
Begeistert zeigt sich Barmettler-Sutter. Es sei zeitgemäss, fortschrittlich und wertschätzend. Sie glaubt auch, dass Endkonsumenten vermehrt auf das Bäckerhandwerk mit regionalen Zutaten Wert legen.