«Nutzen wir doch diese Chance!», forderte Burkard an der Sika-Generalversammlung am letzten Dienstag. Auch Saint-Gobain-Lenker Pierre-André de Chalendar (58) verspricht viel: Der Zusammenschluss setze jährliche Synergien bis 180 Millionen Euro frei.
«Solche Zahlen sind völlig aus der Luft gegriffen», entgegnet Walter Grüebler (72). Der langjährige CEO und spätere Verwaltungsratspräsident von Sika muss es wissen. 2011 wollte de Chalendar Sika ein erstes Mal übernehmen, Patron Romuald Burkard († 79) legte aber sein Veto ein.
Gleichwohl bildete man Arbeitsgruppen, um zu klären, welche Vorteile eine Zusammenarbeit brächte. Das Resultat nach drei Monaten Arbeit: «Keine der Expertengruppen konnte markante Synergiepotenziale aufzeigen», erinnert sich Grüebler.
Für ihn ist deshalb klar: Die Synergien sind nur vorgeschoben, de Chalendar verfolgt ganz andere Absichten. Das legt auch ein Blick auf die nackten Zahlen nahe: 2,75 Milliarden Franken offeriert Saint-Gobain für das Aktienpaket der Burkards. Die jährlichen Dividenden betragen knapp 28 Millionen Franken. Rendite: ein mickriges Prozent.
Einen schlimmen Verdacht hegt auch Fritz Studer (71), der frühere Chef der Luzerner Kantonalbank und Sika-Verwaltungsrat von 2006 bis 2011: «Der exorbitante Kaufpreis lässt sich nur rechtfertigen, wenn Vermögenswerte von Sika zu Saint-Gobain verschoben werden.» So werde das Erfolgsmodell von Sika zerstört: «Die Ländergesellschaften würden ihre Selbständigkeit verlieren, die besten Leute das Unternehmen verlassen, Sika würde ausbluten.»
An der GV schoben die Aktionäre den Plänen der Burkards vorerst einen Riegel. Möglich war dies aber nur, weil der Verwaltungsrat den Stimmenanteil der Familie auf fünf Prozent beschränkte. Das werden die Burkards nun gerichtlich anfechten. Am 24. Juli wollen sie an einer ausserordentlichen GV ihre gesamte Stimmkraft von 56 Prozent einsetzen – und den heutigen Verwaltungsrat um Präsident Paul Hälg (60) in die Wüste schicken. «Sobald ein willfähriger Verwaltungrat eingesetzt ist, wird Saint-Gobain Sika aushöhlen», sagt Grüebler. Um Erträge von zwei bis drei Milliarden von Baar ZG in die Pariser Zentrale zu transferieren, müsse man keinen Doktor in Finanzmathematik besitzen.
Laut Insidern brachte Urs Burkard den Verkauf der Firma schon am Tag der Beerdigung von Mutter Franziska im Dezember 2013 aufs Tapet. Mit fünf Parteien führte er Gespräche, darunter der Mischkonzern Henkel. Hinter dem Rücken des Managements – wie von Burkard verlangt – wollten die Deutschen aber keinen Vertrag abschliessen. De Chalendar kannte keine solchen Skrupel. Nach dem Tod der Mutter sah er seine Stunde ebenso gekommen wie Urs Burkard.
Grüebler und Studer sehen darin einen Verrat an den Eltern. «Sie hätten einem Deal, der sich gegen die Belegschaft richtet und die Gewinne der Kinder zulasten der Mehrheit der Aktionäre maximiert, niemals zugestimmt», sagt Studer. Er geht auch mit den Beratern der Burkards hart ins Gericht – Max Roesle, dem Anwalt und Testamentsvollstrecker von Franziska Burkard, und Willy Leimer, dem Präsidenten der Familienholding. «Sie wissen ganz genau, wie die Eltern dachten», sagt Studer. «Mir ist schleierhaft, wie diese Leute am Morgen noch in den Spiegel schauen können.»
Die Burkards wollen die GV-Beschlüsse vom letzten Dienstag anfechten. Ein juristisches Hickhack droht. Die Alternative wäre ein Gegenangebot an die Familie Burkard durch Sika. Finanziert würde dies durch eine Kapitalerhöhung. Der Preis wäre tiefer als die 2,75 Milliarden, die Saint-Gobain offeriert. Dafür könnte die Familie ihren Ruf retten. Ihr Vertrag mit Saint-Gobain hat aber keine Ausstiegsklausel.
Die Burkards wollen die GV-Beschlüsse vom letzten Dienstag anfechten. Ein juristisches Hickhack droht. Die Alternative wäre ein Gegenangebot an die Familie Burkard durch Sika. Finanziert würde dies durch eine Kapitalerhöhung. Der Preis wäre tiefer als die 2,75 Milliarden, die Saint-Gobain offeriert. Dafür könnte die Familie ihren Ruf retten. Ihr Vertrag mit Saint-Gobain hat aber keine Ausstiegsklausel.