Für die Sonne gibt es kein Durchkommen: Seoul liegt unter zähem Smog. Der Wind hat die Luftverschmutzung aus China übers Gelbe Meer bis in die südkoreanische Megame-tropole geweht. Trotzdem hat der hiesige Supermulti Samsung eine Schweizer Delegation nach Südkorea eingeflogen, um seinem neuen Multifunktionstelefon «Galaxy S10», das Anfang März lanciert worden ist, die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Mit dabei sind Samsung-Verantwortliche, diverse Journalisten und sieben sogenannte Influencer: Ex-Vize-Miss-Schweiz Xenia Tchoumitcheva, Fitness-Model Marco Laterza, Soul-Sänger Seven, Ex-Bachelor Janosch Nietlispach, Ein-Gang-Velofahrer Patrick Seabase und das Genfer Modeblogger-Ehepaar Elvira und Charles Legrand (ihr Baby, das ebenfalls einen Instagram-Account hat, liessen sie zu Hause). Vor dem Abflug bekamen alle ein brandneues S10 in die Hand gedrückt. Sie werden es im Verlauf der Reise in allen denkbaren Varianten inszenieren.
Sie sind die Elektro-Trottinetts des Internets
Influencer sind die Elektro-Trottinetts des Internets: Niemand hat sie kommen sehen, plötzlich sind sie überall. Der begriff Influencer kommt aus dem Englischen und bedeutet «Beeinflusser». Ihr Kapital: eine grosse Anhängerschaft in den sozialen Medien, vor allem auf Instagram und Youtube.
Reto Hofstetter, Marketing-Professor an der Uni Luzern, sagt dazu: «Die Werbeform ist alt. Opinion-Leader oder Mund-zu-Mund-Propaganda sind längst bekannte Begriffe im Marketing. Neu ist, dass die Influencer die Inhalte selber erstellen.» Weil die Fotos und Videos von ihnen inszeniert sind, können Influencer besser auf ihre Fans eingehen. «Firmen geben so die Kontrolle aus der Hand. Aber sie kommen an Leute heran, die gegen klassische Werbung immun sind.»
Samsung-Kleiderschrank muss aufs Bild
Die Werbeform ist so erfolgreich, dass es mittlerweile Agenturen gibt, die Influencer vermitteln und unter ihnen die zu den Auftraggebern passenden Charaktere zu finden. Samsung Schweiz hat gerade einen Strategiewechsel in Sachen Marketing hinter sich. Das Sponsoring wird heruntergefahren, dafür setzt man auf Internet-Persönlichkeiten. Für die Südkorea-Reise sind sie sorgfältig zusammengestellt: Ein bisschen Lifestyle, ein bisschen Sport, ein bisschen Kultur, ein bisschen Promi. Voraussetzung für ein Engagement bei Samsung: Sie müssen eine Mindestzahl Schweizer Follower haben. Damit soll verhindert werden, dass sich die Influencer ihre Anhängerschaft bei professionellen «Klick-Farms» für wenig Geld in Bangladesch oder China zusammenkaufen.
Die Reisegruppe in Südkorea besucht einen überdimensionierten Samsung-Laden und ein Samsung-Museum. Für die Journalisten ist das wenig ergiebig. Für die Influencer aber schon. Sie fotografieren sich an jeder Ecke, durch Scheiben hindurch, und zeigen ihr Samsung-Handy oder den Samsung-Kleiderschrank (ja, das gibts).
27'000 bis 33'000 Likes pro Foto
Mangelnden Fleiss kann man ihnen nicht vorwerfen. Ein wenige Hundert Meter langer Spaziergang kann schon mal eine Dreiviertelstunde dauern, weil sich die Social-Media-Profis alle paar Meter fotografieren lassen. Samsung hat dafür eigens einen auf Social-Media-Formate spezialisierten Fotografen aus der Schweiz einfliegen lassen.
Das Resultat ist auf Instagram zu sehen. Die Genf-Russin Elvira Abasova Legrand lädt mehrere der Aufnahmen, die an Modefotos erinnern. mit einem himmelblauen Mobiltelefon hoch. Das Handy ist das Gleiche, aber das Outfit wird jedes Mal gewechselt. Legrand kennzeichnet die Bilder mit den Hashtags #TeamSamsung, #Samsung-Switzerland und #Ad – die Kurzform des englischen Worts «Advertising», also Werbung. So deklariert sie, dass sie für dieses Foto bezahlt wurde. Ihre 500'000 Follower stört das nicht. Jedes ihrer Fotos generiert zwischen 27'000 und 33'000 Likes.
Über Geld wird nicht gesprochen. Wie viel sie für ihren Einsatz bekommt, ist das grosse Geheimnis der Branche. Es gibt jedoch eine Faustregel: «Ein Influencer verdient rund ein Prozent seiner Follower-Anzahl. Ab 10'000 echten Followern zahlen Unternehmen in der Schweiz etwa 100 Franken pro Bild», sagt Marketing-Experte Felix Murbach. Doch die Szene ist unübersichtlich, jeder kann Influencer sein und sich auch so nennen. «Es gibt viele Möchtegerns auf den sozialen Medien», so Murbach. Die Konkurrenz ist gross, der ökonomische Druck auch.
Immer cool, zufrieden, locker und souverän
Doch die Influencer wissen sich zu helfen. Wenn einer der Samsung-«Botschafter» ein Bild oder ein Video hochlädt, liken und kommentieren es die anderen sofort. Das ist eine Strategie, um sich gegenseitig mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Je mehr Interaktion, desto besser positionieren die Algorithmen der jeweiligen Apps die Inhalte, umso mehr User bekommen sie zu sehen. Es ist schon vorgekommen, dass Influencer in Whatsapp-Gruppen gegenseitig auf sich aufmerksam machen, bevor sie etwas posten. Die anderen reagieren dann sofort.
Die Samsung-Forschungsabteilung oder das Samsung-Klanglabor interessiert die Influencer weniger. Sie ziehen lieber gemeinsam los, um noch mehr Aufnahmen zu machen. Der Job ist, sich selbst zu inszenieren. Ihr Blick ist auf sie gerichtet, nicht auf die Umwelt. Auf ihren Bildern wirken sie immerzu cool, zufrieden, locker, souverän.
Aber der Job scheint anstrengend zu sein. Beim Znacht verzichten die meisten auf Alkohol und verabschieden sich früh, gehen schlafen oder ins Fitnessstudio. In ihrem Job zählt nur eines: Auf den Fotos gut aussehen. Nur das generiert Klicks.
Sollte man Kindern den Cyberspace nicht einfach verbieten? Die Experten sind sich einig: Nein! Eltern müssen ihre Kinder auf dem Weg in die digitale Welt vielmehr begleiten und sie unterstützen. Nicht das Alter ist entscheidend, sondern dass die Kinder nicht allein sind und sich die Kompetenzen schrittweise aneignen können.
Hier die wichtigsten Tipps und Tricks, damit Ihr Kind nicht in die Suchtfalle gerät:
– Setzen Sie Ihr Kind nicht einfach unbeaufsichtigt der digitalen Welt aus. Versuchen Sie daran teilzunehmen, indem Sie sich von Ihrem Kind beispielsweise Videos oder Fotos zeigen lassen, die es besonders cool und lustig oder besonders uncool und blöd findet. Wichtig ist der Austausch. Lassen Sie sich diese Onlinewelt erklären. Sie werden sehen, wie stolz Ihr Kind ist, dass es etwas kennt, wovon Sie keinen Schimmer haben.
– Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind eine bestimmte Zeitdauer, während der es online sein darf. Es ist sinnvoll unter der Woche weniger Zeit zur Verfügung zu stellen, dafür am Wochenende etwas mehr.
– Bieten Sie Ihrem Kind genügend attraktive Möglichkeiten, sich auch offline zu engagieren. Vielleicht lassen sich die Online- und Offlinewelt miteinander verbinden? So könnte Ihr Sprössling seinen neusten Fussballtrick in einem coolen Video zeigen.
– Führen Sie feste Offlinetage im Monat ein, wo keiner – auch Sie nicht! – zum Smartphone greift. Gehen Sie mit Ihren Kindern wandern oder im Wald spazieren, ohne GPS. Bringen Sie Ihrem Kind bei, wie man eine Karte liest.
– Schicken Sie Ihr Kind vor dem 15. Geburtstag mindestens einmal in ein Reitlager! Da lernt es, wie man ein Pferd führt und wie lebensnotwendig es ist, sich an Regeln zu halten. Die 500 Franken werden Sie nur zu gerne investieren, wenn Ihr Kind rotbäckig und voller Lebensfreude wieder nach Hause kommt.
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