Auf die Bank? Nein danke!
Kaum einer will mehr Banker sein

Hohes Gehalt, hohes Ansehen: Das war einmal. Heute sagen selbst ehemalige Spitzenbanker: Banking – nein danke!
Publiziert: 09.03.2018 um 23:38 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2018 um 17:55 Uhr
Die vielen neuen Regeln haben einigen den Traumjob Banker vermiest.
Foto: WALTER BIERI
René Lüchinger

Als Oswald Grübel (74) kürzlich gefragt wurde, ob er heute nochmals eine Bank führen wollte, reagierte er staubtrocken: «Nein. Die Risiken sind für die Banken zu teuer.» Übersetzt heisst das wohl: So macht das keinen Spass mehr.

Der ehemalige UBS- und Ex-CS-Chef ist in guter Gesellschaft. Auch Konrad Hummler (64) reagierte ähnlich, meinte gar, er würde auch seinen Kindern nicht mehr zu diesem Beruf raten. Fazit: Bankchef ist ein riskanter Job geworden.

Viele einst prägende Figuren der heimischen Finanzbranche sind seit der Finanzkrise aus ihren Sesseln gespült worden. Ein Marcel Ospel (68) und eben auch Grübel oder Hummler. Auch Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz (61) schafft es wohl nicht mehr, sich ehrenhaft von diesem Beruf zu verabschieden: Gegenüber der Aufsichtsbehörde Finma verpflichtete er sich, nie mehr in der Finanzbranche tätig zu werden.

Kein Traumberuf mehr

Früher war es ein Traumberuf. Heute sagen die Chefs: Banking – nein danke! Und in den unteren Chargen ist im vergangenen Jahrzehnt jede zweite Stelle dem Rotstift zum Opfer gefallen – heute sind noch rund 100'000 Personen im Bankensektor beschäftigt. Deutet auch dies auf eine Abkehr vom Banking hin?

Der Kundenberater sieht sich heute mit einem Berg von Regularien konfrontiert. So haben sich Banken zum automatischen Informationsaustausch (AIA) über Kundenkonten verpflichtet. Für Kunden aus den USA gilt der «Foreign Account Tax Compliance Act» (Fatca), eine Meldepflicht für Steuerpflichtige ausserhalb Amerikas.

Und die EU verlangt zum Schutz der Anleger umfangreiche Dokumentationen und Archivierungen von Finanzmarktgeschäften. All das bedeutet Papierkrieg. All das könnte einem Banker seinen einstigen Traumberuf vermiesen. Tut er das auch? Nachfrage bei zwei Bankern.

Zwei Banker berichten

Der erste ist seit 20 Jahren Kundenberater bei Gross- und Privatbanken. Vor der Finanzkrise, erzählt er, sei es möglich gewesen, nach einem Kundenkontakt ein Konto innert Minuten zu eröffnen, um Bareinlagen zu machen. Vor allem, wenn der Kunde der Bank bekannt war, erfolgten keine weiteren Abklärungen.

Heute muss der Banker die Herkunft der Kundengelder plausibel nachzeichnen können, die Steuerkonformität abklären und notfalls beim Kunden auch Dokumente verlangen. Der Antrag des Kunden durchläuft dann innerhalb der Bank je nach Volumen ein bis zwei Kontrollinstanzen. Gibt es dort kein grünes Licht, heisst es: «Wir sehen uns nicht in der Lage, diese Geschäftsbeziehung aufzumachen.» Trotz eingeschränktem Handlungsspielraum, sagt dieser Banker, könne er das Banking noch immer ausführen.

Der zweite blickt auf vier Jahrzehnte Banking in Gross-, Auslands- und Privatbanken zurück. «Heute», sagt er, «muss jeder Schritt mit dem Kunden dokumentiert und im Computer hinterlegt sein.»

Das Fatca-Abkommen etwa verpflichtet den Banker, nach bestem Gewissen sicherzustellen, dass der Kunde keinen Kontakt in die USA hat – andernfalls kann ihm im Konfliktfall Falschaussage vorgeworfen werden.

«Über die Regulierung schieben die Banken die Verantwortung an die Mitarbeiter ab», sagt er. Ins Banking würde er heute nicht mehr einsteigen.

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