«Lohn beziehe ich keinen.» Die das sagt, ist Bäuerin. Und Frau. Eine schlechte Kombination. In der Schweizer Landwirtschaft schuften über 28 000 Frauen, ohne Lohn – es sind Ehegattinnen und Lebenspartnerinnen von Bauern, aber auch Mütter und Schwiegermütter.
Erschreckend und nun amtlich beglaubigt: Jede dritte Frau einer Schweizer Bauernfamilie schuftet unentgeltlich im Dienste von Hof und Familie. Dies zeigt die soeben publizierte Landwirtschaftliche Betriebszählung des Bundesamtes für Statistik (BfS).
Insofern befindet sich Bäuerin Heidi Roos-Flury, von der obiges Zitat stammt, in guter Gesellschaft. Ihre Lebensgeschichte hat sie der Journalistin Susann Bosshard-Kälin erzählt, die sich einst selber in der Bäuerinnenschule Kloster Fahr hatte ausbilden lassen und nun über den «Beruf Bäuerin» ein Buch publiziert hat.
«Wohin ich schaue, liegt Arbeit»
Viel Arbeit und kein Geld gibt es also für Heidi Roos-Flury und sie kann damit auch ganz gut leben. Sie brauche eigentlich auch kein eigenes Geld, sagt sie, zusammen mit ihrem Mann benützt die 52-Jährige eine Kreditkarte, jeden Monat wird ein Batzen fürs Alter auf die Seite gelegt. Sie sagt aber auch: «Es ist ein hartes Leben im Bergbauernhof Schwesteregg in Romoos LU – wohin ich schaue, liegt Arbeit. Aber ich sage mir, für den Moment ist es gut.»
Die Bauernfamilie, urteilt das Bundesamt für Statistik, ist nach wie vor «das tragende Element der Schweizer Landwirtschaft.» 98 Prozent aller Bauernhöfe sind noch immer Familienbetriebe und 80 Prozent der dort Beschäftigten gehören zur Familie – es ist nicht anders als zu Gotthelfs-Zeiten. Und: In nur acht Prozent der Fälle ist der Chef auf dem Hof weiblich.
Pünktlich zum «Internationalen Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe der Uno» hält die BfS-Studie aber auch fest, dass die Bäuerin auf dem Hof in vielerlei Hinsicht «die Hauptverantwortung» trage.
Etwa dann, wenn es um die Direktvermarktung oder die Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten geht. Oder wenn es gilt, in der Gastronomie, bei sozialen Arbeiten Hand anzulegen. Viel Arbeit, kein Lohn, heisst es oftmals auch hier.
Die Frauen reden mit
Selbst bei strategischen Entscheidungen setzt sich jeder zweite Bauer mit seiner Frau an einen Tisch. Etwa bei Fragen wie: Sollen neben Milchkühen auch Wasserbüffel auf den Hof kommen, um als zweites Standbein Büffelmozzarella herstellen zu können?
Für Bäuerin Luzia Egli-Wicki aus Schangnau BE ist dies längst Realität – sie hat einen Wasserbüffel-Bauern geheiratet und lebt mit ihrer Familie, den Kühen und 18 Büffeln auf einem Hof im Entlebuch.
Sie sagt zu ihrem Selbstverständnis als Bäuerin: «Ich fühle mich genauso als Unternehmerin und werde von meinem Mann wertgeschätzt in allem, was ich tue», berichtet sie.
Was aber geschieht, wenn eine solche gelebte und gefühlte Gleichwertigkeit an ein Ende kommt? «Als kürzlich die Frau auf einem benachbarten Hof von ihrem Mann fortgeschickt wurde, diskutierten mein Mann und ich darüber», sagt Luzia Egli-Wicki.
Welche Rechte hat eine Frau auf dem Bauernhof? Ihre Antwort: «Wenige oder keine, wenn das Paar sich nicht damit auseinandersetzt und gute Lösungen schafft.»