Experten gehen davon aus, dass hiesige Unternehmen dank ihrer Spezialisierung und Präsenz in Nordamerika an Aufträge gelangen werden. «Der Zustand der Infrastruktur in den USA ist bedenklich, ja teilweise sogar katastrophal», sagt der stellvertretende Direktor der Genfer Mirabaud Banque. So befänden sich etwa das nationale Stromnetz, die Wasseraufbereitung, Schulen, Flughäfen oder das Strassennetz allgemein in einem sehr schlechten Zustand.
Plassard schätzt den Investitionsbedarf in den USA für die nächsten zehn Jahre auf mehr als 4 Billionen US-Dollar. Das von Joe Biden am Mittwoch in Washington vorgestellte Investitionsprogramm umfasst Ausgaben in Höhe von rund 2 Billionen Dollar und folgt auf ein Konjunkturprogramm mit fast gleichem Umfang.
Laut John Plassard dürften bei der Vergabe von Aufträgen zum US-Infrastrukturprogramm in erster Linie US-Firmen zum Zug kommen. Doch könnten auch Schweizer Firmen als deren Subunternehmer an Aufträge kommen, glaubt Plassard.
Auch beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist man optimistisch. «Das Projekt erhöht nicht nur die Nachfrage nach Schweizer Gütern, sondern hat auch indirekte Einflüsse», sagt Jan Atteslander, Leiter Aussenhandel bei Economiesuisse.
Eine moderne Infrastruktur mache das Land wettbewerbsfähiger, was den Schweizer Firmen in Nordamerika zugutekomme, ist Atteslander überzeugt. Und aus dem Programm dürfte das E-Commerce-Geschäft in den USA gestärkt hervorgehen, wovon die Schweizer Exporte profitierten.
Die Erwartungen an die Biden-Pläne sind hoch. Laut einer jüngst durchgeführten Umfrage der Credit Suisse und der CFA Society Switzerland rechnen drei Viertel der befragten Finanzanalysten damit, dass die Schweizer Wirtschaft vom US-Investitionsprogramm profitieren wird.
Vonseiten der Grosskonzerne äusserte sich etwa ABB-Chef Björn Rosengren positiv zu den geplanten Investitionen. Die Modernisierung der US-Infrastruktur biete ein enormes Potenzial für ABB, erklärte Rosengren. Die Gruppe erzielt immerhin knapp ein Viertel des Umsatzes in den USA.
Beim Baustoffriesen LafargeHolcim, der ebenfalls eine starke Präsenz in Nordamerika hat, sagte CEO Jan Jenisch am Donnerstag, er sei «erfreut über die soliden Wachstumsaussichten», die der Plan des demokratischen Präsidenten biete. Und auch dem Zugbauer Stadler oder dem Stromzählspezialist Landis+Gyr dürften sich Chancen auf weitere Aufträge eröffnen.
Doch nicht nur grosse Firmen, sondern auch KMUs könnten dank ihrer Expertise in Nischenbereichen ein Stück vom Kuchen abbekommen, glaubt Atteslander. Um sie in diesem riesigen Markt zu unterstützen, seien das Know-how und die Mittel des Exportförderers Switzerland Global Enterprise, der Swiss-American Chamber of Commerce oder der kantonalen Handelskammern wichtig.
(SDA)