Auch der Bundesrat trägt Schuld
Preisüberwacher kritisiert Swisscom-Tarife

Für unter 6 Rappen pro Minute auf Schweizer Handys telefonieren, das geht in Deutschland. Schweizer Festnetzkunden können davon nur träumen. Dafür kassieren sie einen Rüffel vom Preisüberwacher.
Publiziert: 22.05.2018 um 21:24 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:18 Uhr
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Swisscom verlangt von den Kunden 32 Rappen pro Minute für Anrufe vom Festnetz auf Handys. Zu viel für den Preisüberwacher Stefan Meierhans. (Archiv)
Foto: Keystone
Sven Zaugg

Dass Schweizer Telekomunternehmen ihren Kunden nichts schenken, weiss jedes Kind. Deshalb erstaunt es kaum, dass der Preisüberwacher Stefan Meierhans erneut den Mahnfinger hebt: «Festnetz-Tarife der Swisscom sind zu teuer», kritisierte Meierhans am Dienstag in einer Mitteilung. Die Margen für Anrufe im Minutentarif auf Mobilnetze seien weit höher als bei den auf 8 Rappen gedeckelten Anrufen auf Festnetze.

Konkret heisst das: Telefoniert der Swisscom-Kunde auf ein Swisscom-Handy, zahlt er 32 Rappen pro Minute. Ein Anruf von einem Swisscom-Festnetz zu Sunrise und Salt kostet gar 35 Rappen. Schuld daran trägt auch der Bundesrat: Im Rahmen der Neuvergabe der Grundversorgung verzichtete die Landesregierung entgegen der Empfehlung des Preisüberwachers auf eine generelle Obergrenze für Anrufe auf Mobilnetze von 14 Rappen pro Minute.

Swisscom hat kein Interesse an Grundversorgung der Kunden

Laut Telekom-Experte Ralf Beyeler hätte der Bundesrat den überhöhten Gebühren ein Ende machen können.
Foto: zVg

Dass sich der Bundesrat nicht gegen die Swisscom stellt, kommt nicht überraschend. Schliesslich zeichnet er sich für die Strategie des Unternehmens verantwortlich und streicht Dividenden ein. «Wenn sich der Bundesrat zu einer Obergrenze für Anrufe auf Mobilfunk-Anschlüsse durchgerungen hätte, hätte Swisscom die Preise senken müssen», sagt Telekom-Experte Ralf Beyeler. «Stattdessen verrechnen schweizweit alle Anbieter überhöhte Gebühren.» 

Für Beyeler ist klar: «Die Swisscom hat kein Interesse an den Grundversorgungskunden.» Viel lieber verkaufe die Swisscom ihren Kunden Kombi-Angebote, die mehr kosten. Dann plaudert der Telekom-Experte aus dem Nähkästchen: «Anbieter sagen mir: Weshalb sollen wir die Preise senken? So verdienen wir besser. Und solange Swisscom nicht die Preise senkt, senken wir die Preise auch nicht.»

Preisüberwacher spricht von Kompromiss

Swisscom weist die Vorwürfe zurück: «Auch Kunden, die rein an einem Festnetzangebot interessiert sind, sind uns wichtig, und auch für diese Kunden bieten wir sehr attraktive Angebote», sagt Sprecherin Sabrina Hubacher. Meierhans pocht nun auf eine Tarifsenkung. Swisscom kommt dem Preisüberwacher bereits ein Schrittchen entgegen: Ab Juni können Swisscom-Kunden, die oft Anrufe auf Mobilnetze tätigen, für 9 Franken im Monat unbegrenzt telefonieren. «Ein Kompromiss», sagt Meierhans. 

Telekom-Experte Beyeler lässt auch an diesem Angebot kein gutes Haar: «Wenn Swisscom das Anliegen der Kunden ernst nehmen würde, dann würde Swisscom das Angebot so gestalten, dass Kunden, die für mehr als 9 Franken auf Schweizer Handys anrufen, maximal 9 Franken im Monat bezahlen.» Auch ein Blick über die Grenze zeigt, dass der hiesige Wettbewerb nicht spielt: In Deutschland können Festnetz-Kunden bereits für weniger als 6 Rappen pro Minute auf Schweizer Handys anrufen.

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