Die Ukraine hat nach Angaben von Präsident Wolodimir Selenski (44) damit begonnen, Strom in die EU zu exportieren. «Eine wichtige Etappe unserer Annäherung an die Europäische Union wurde erreicht», sagte Selenski am Donnerstagabend in einer Videobotschaft. Die Ukraine «hat begonnen, über Rumänien in bedeutendem Masse Strom in das Territorium der EU zu exportieren.» Das sei «nur die erste Etappe. Wir bereiten eine Erhöhung der Lieferungen vor.»
Die Ukraine hatte sich Ende Februar vom ehemals sowjetischen Stromnetz abgekoppelt und zusammen mit Moldau im März mit dem europäischen Stromnetz synchronisiert. Vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Land am 24. Februar war das ukrainische Netz mit dem russischen Netz synchronisiert. Bereits vergangene Woche bot Kiew Deutschland den Export von ukrainischen Atomstrom an. Über die Hälfte der Stromproduktion der Ukraine stellen vier Atomkraftwerke sowjetischer Bauart sicher.
«Ukrainischer Strom kann einen bedeutenden Teil des von den Europäern verbrauchten russischen Gases ersetzen», sagte Selenski. «Es geht nicht nur um Exporteinnahmen für uns, es ist eine Frage der Sicherheit für ganz Europa.»
Zusätzliche Stromquelle der EU
Am Donnerstag schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (63) im Kurzbotschaftendienst Twitter, die Ukraine könne fortan Strom auf den EU-Markt exportieren. «Es wird der EU eine zusätzliche Stromquelle bieten. Und der Ukraine dringend benötigte Einnahmen. Deswegen profitieren wir beide.»
Der ukrainische Energieminister German Galuschenko (49) hatte Deutschland vergangene Woche die Lieferung von Atomstrom angeboten. So könne «eine Art Versicherungspolster in Zeiten witterungsbedingt rückläufiger Erzeugung aus Solar- und Windkraftanlagen» entstehen, schrieb er in einem Gastbeitrag für die «Wirtschaftswoche».
Deutschland und die Ukraine könnten dabei von den unterschiedlichen Zeit- und Klimazonen profitieren. Die Atomkraft macht in der Ukraine mehr als 50 Prozent der Stromerzeugung aus. (AFP/kes)