Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt (59) kennt sich mit Viren aus. Als Konzernchef von Burckhardt Compression musste er 2003 die Sars-Krise meistern. Für den Ostschweizer sind in der Krise drei Schlüsselwörter wichtig: Information, Hygiene und Planung.
BLICK: Herr Vogt, schütteln Sie noch Hände?
Valentin Vogt: Ja, ich gebe noch jedem die Hand. Aber wenn Leute das nicht mehr wollen, dann respektiere ich das selbstverständlich.
Wie schützen Sie sich persönlich vor dem Virus?
Ich informiere mich laufend über die Entwicklungen und habe meine persönlichen Hygienemassnahmen erhöht. So werde ich nach dem Besuch in der Ringier-Redaktion als erstes meine Hände waschen (lacht).
Als CEO von Burckhardt Compression erlebten Sie 2003 den Ausbruch der Sars-Epidemie hautnah mit. Was war das für eine Erfahrung?
Eine sehr unheimliche. Plötzlich ist da ein Virus, eine Krankheit, die man nicht sieht und erst spürt, wenn sie ausbricht. Wir haben damals informiert und Pläne zur Krisenbewältigung erstellt. Als Unternehmer hat mir das ziemlich Respekt eingeflösst.
Worauf muss der Chef in so einem Moment achten?
Als Chef muss man das Gleichgewicht finden zwischen der ungestörten Fortsetzung des Geschäfts und der Fürsorgepflicht für die Mitarbeiter. Diese Verantwortung können Sie nicht delegieren, damit muss man umgehen können. Es braucht viel Gespür, für den Betrieb und für die Mitarbeiter. Denn ohne Mitarbeiter funktioniert das Geschäft nicht mehr.
Was haben Sie damals gelernt?
Information ist zentral. Sie müssen die Belegschaft aktiv informieren, damit diese spürt, dass sich die Firma um sie kümmert. Zudem brauchen Sie jemanden, der die Nachrichtenlage verfolgt und in Erfahrung bringt, wo es neue Fälle gibt. Der weiss, was die Behörden angeordnet haben. Dann müssen sie die Hygienemassnahmen erhöhen, zum Beispiel zusätzliche Waschgelegenheiten aufstellen. Schliesslich muss die Firma einen Plan haben, was passiert, wenn im eigenen Betrieb ein Verdachtsfall auftaucht.
Was ist heute anders?
Die Globalisierung ist in diesen 17 Jahren stark fortgeschritten, die Vernetzung ist heute viel dichter. Damals hatten wir 70 Leute in China, heute sind es 700. Das begünstigt die Ausbreitung des Virus.
Es gibt Reisewarnungen, Airlines streichen Flüge in betroffene Länder. Sind Videokonferenzen ein Ersatz für Geschäftsreisen?
Zum Teil: Über Video, Skype oder das Telefon kann man viele Dinge klären, gerade in so einer Situation wie jetzt. Aber Verhandlungen über neue Aufträge zum Beispiel, das geht nur persönlich. Gewisse Sachen muss man nun verschieben, aber das ist allen Geschäftspartnern in der derzeitigen Situation klar. Das Coronavirus darf nun aber nicht zu einer generellen Ausrede werden für alle möglichen Missstände, die es schon vorher gab.
Wird das ausgenützt?
Ja, das kommt vor. Das ist für viele eine willkommene Gelegenheit, um frühere Versäumnisse dem Virus in die Schuhe zu schieben. Das finde ich nicht korrekt.
Können sich Mitarbeiter weigern in die Firma zu gehen, weil sie Angst davor haben, sich anzustecken?
Wenn der Arbeitgeber oder eine Behördenstelle verfügt, dass der Mitarbeiter zu Hause bleiben soll, dann ist diese Absenz entschuldigt und der Mitarbeiter hat Anspruch auf die Bezahlung des Lohnes. Aber wenn ein gesunder Mitarbeiter aus freien Zügen entscheidet «Ich bleibe jetzt zu Hause», dann ist das wie eine unentschuldigte Absenz.
Wer steht für die Lohnfortzahlung gerade?
Die meisten Unternehmen werden jetzt erst mal abwarten, beobachten, wie sich die Situation weiter entwickelt. Wichtig ist, dass man Augenmass behält, den gesunden Menschenverstand benutzt und miteinander redet.
Was ist, wenn der ÖV eingestellt wird, jemand also gar keine Möglichkeit hat, an seinen Arbeitsort zu kommen?
Das gilt zwar als entschuldigte Absenz, eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers besteht aber nicht. Der Arbeitgeber wäre also nicht gezwungen, den Lohn zu bezahlen.
Ist Homeoffice eine Alternative?
Das muss man einzeln beurteilen. Als Arbeitnehmer darauf zu bestehen, das funktioniert nicht. Es geht auch um eine gewisse Gerechtigkeit. Es kann nicht sein, dass alle Büroangestellten von zu Hause aus arbeiten. Der Lokführer oder die Krankenschwester oder der Arbeiter, der an einer Maschine arbeitet, haben diesbezüglich keine Wahl.
Wen trifft es wirtschaftlich am härtesten?
Das ist sehr unterschiedlich. Wir als Anlagenbauer, können unsere Maschinen – aufgrund der Umstände – auch mit ein paar Wochen Verspätung ausliefern. Aber ein Restaurantbesitzer, dem die Gäste wegbleiben, der spürt das sofort – und er kann diesen Ausfall auch nicht später wieder wettmachen.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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