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Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt (58) über faule Lehrlinge
«Eltern drohen den Betrieben mit dem Anwalt»

Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt (58) schenkt seinen Lehrlingen Aktien. Er glaubt nicht, dass die Lehrlinge schwieriger sind als früher – aber wohl deren Eltern.
Publiziert: 07.07.2019 um 00:14 Uhr
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Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt beteiligt seine Lehrlinge am Betrieb.
Foto: Keystone
Interview: Moritz Kaufmann

Warum wird es immer schwieriger, geeignete Jugendliche für die Lehre zu finden?
Valentin Vogt: Diesen Eindruck teile ich nur bedingt. In unserem Betrieb Burckhardt Compression beschäftigen wir seit 1897 Lehrlinge und haben uns immer um sie bemüht. Wenn die Lehrlinge abschliessen, schenken wir ihnen eine Aktie. Wir beteiligen sie also an unserem Unternehmen. Das zahlt sich aus. Wir können nach wie vor unsere Lehrlinge auswählen.

Grossbetriebe haben es einfach. KMU können sich oft aber keine Vollzeit-Lehrlingsbetreuer leisten.
Das ist so, für kleinere Betriebe ist es schwieriger. Es geht aber überall um die Wertschätzung, die man den Lehrlingen entgegenbringt.

Mit 16 steckt man noch voll in der Pubertät. Sind die Betriebe genügend gut auf die Lehrlinge eingestellt?
Das ist eben der Vorteil der Lehre: Die Jugendlichen arbeiten viel mit Erwachsenen zusammen. Die setzen neben den Eltern Leitplanken. So können sie sich weiterentwickeln. Gehen sie ans Gymnasium, sind sie viel mehr unter Gleichaltrigen und müssen auch weniger Verantwortung übernehmen.

Die Lehrlingsbetreuer beklagen sich, dass die Schüler immer schlechtere Noten hätten ...
Diese Aussage kann ich so nicht unterschreiben. Die schulischen Ansprüche in gewissen Lehrprofilen sind sicher gestiegen. Bei schulischen Themen kann auch der Betrieb unterstützen. Neben den schulischen Leistungen sind aber auch Verhalten, Leistung und Qualität am Arbeitsplatz wichtig.

Bereiten die Schulen denn die Jugendlichen genügend auf den Beruf vor?
Unser Eindruck ist: Ja, der Übertritt von der Sekundarschule in die Lehre funktioniert generell gut. Die Knaben machen uns aber mehr Sorgen als die Mädchen.

Die Buben?
Ja. Die überwiegende Mehrheit der Lehrpersonen speziell auf der Primarstufe ist weiblich. Das führt dazu, dass weniger auf das spezielle Verhalten der Knaben eingegangen wird. Ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis bei den Lehrpersonen wäre wichtig.

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Jede Generation hat das Gefühl, so schwer wie sie habe es noch niemand vorher gehabt. Auch in meiner Generation gab es Unmotivierte. Was sicher stimmt: Es ist komplexer geworden. Man kann sich besser vergleichen. Mehr Leute reden mit ...

Die Eltern?
Zum Beispiel. Das merken wir, wenn wir als Betrieb Gespräche mit den Eltern führen. Das Problem ist: Die Eltern glauben immer noch, dass es ist wie früher, als sie in die Lehre gingen. Doch das System hat sich deutlich weiterentwickelt.

Über was reden Sie denn mit den Eltern?
Vielfach geht es um disziplinarische Themen. Die Eltern heute sind sehr beschützend und finden, ihr Nachwuchs habe nichts falsch gemacht. Da wird auch mal mit juristischen Schritten gedroht.

Die Eltern bringen einen Anwalt?
Das hat es schon gegeben, ja. Aber das ist halt die heutige Zeit. Bei nicht bestandenen Gymi-Prüfungen kommt das ja auch vor.

Sie sind ein Anwalt des Lehrsystems. Sehen Sie keine Schwierigkeiten im Vergleich zu früher?
Was wir merken: Die Jugendlichen sind nicht mehr so flexibel, wenn es um den Arbeitsweg geht. Der Betrieb soll möglichst nah vom Zuhause sein. Das macht es vor allem für Jugendliche aus abgelegeneren Regionen schwer. Da sind Ideen gefragt. Aber etwas ist mir schon wichtig ...

Bitte.
Das System funktioniert grundsätzlich sehr gut, und zwar in der ganzen Schweiz. Ein Polymechaniker, der in Genf ausgebildet ist, erfüllt die gleichen Kriterien wie einer, der in St. Gallen ausgebildet wurde. Er ist fit für den Arbeitsmarkt. Er hat eine berufliche Zukunft. Er ist ein Teil der Gesellschaft. Darauf dürfen wir stolz sein.

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