Arbeitgeber warnen vor Stellenverlust
Bald 30'000 Jobs weg?

Bleibt der Franken so stark wie jetzt, dann kostet das uns 30'000 Stellen. Das sagt Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt.
Publiziert: 14.06.2015 um 03:46 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2018 um 20:01 Uhr

Der Arbeitgeberverband gehe für die nächsten sechs bis neun Monate von einem Verlust von 30'000 Stellen aus, wenn der Kurs zum Euro bei 1.05 Franken bleibe, sagt Vogt der NZZ am Sonntag. Die Arbeitslosenquote sieht er Ende Jahr bei 3,6 bis 4 Prozent. Das ist etwas mehr als das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) erwartet.

Vogt begründet seine Prognose mit Rückmeldungen aus der Wirtschaft. Er höre von vielen Firmen, dass die Bestellungen um 10 bis 15 Prozent eingebrochen seien - darunter befänden sich vor allem auch Firmen aus Branchen, die als gute Konjunkturindikatoren gelten.

Unter anderem auch die Pharma-, Chemie- und Nahrungsmittelindustrie, sonst verlässliche Wachstumstreiber, müssen derzeit mit Export-Einbrüchen umgehen, wie Branchenvertreter der «Sonntagszeitung» sagen. Die Abwärtsbewegungen bei den Exporten seien noch nie so stark gewesen, teilt die Eidgenössische Zollverwaltung mit.

«Die Situation ist ernst», sagt auch Jan-Egbert Sturm, Leiter der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH. Der Franken sei nach wie vor überbewertet. Er vermute, die Nationalbank habe nicht damit gerechnet, dass er so lange so stark bleibe, sagt der Ökonom im Interview mit der «Schweiz am Sonntag». Daher seien die Sorgen der Industrie verständlich.

Aufgrund der KOF-Prognosen rechnet Sturm ebenfalls mit einem Verlust von zehntausenden Stellen: Ende Jahr dürften es 40'000 weniger sein als mit dem Mindestkurs zu erwarten gewesen wären, sagt er. Zwar dürfte der erste Schock bald verdaut sein, doch noch seien nicht alle Umstellungen bei den Firmen erfolgt.

Wie die Nationalbank darauf reagieren soll, ist indes umstritten. Einen neuen Mindestkurs einzuführen, hält Sturm derzeit für schwierig. Die Schweiz werde sich wohl mit der Situation abfinden müssen. Es sehe so aus, dass sich der Wechselkurs nicht an die reale Wirtschaft anpasse. «Es wird wohl eher die reale Wirtschaft sein, die sich auf den Wechselkurs einstellen muss», erklärt er.

Arbeitgeber-Präsident Vogt sieht nicht die Nationalbank in der Pflicht, sondern die Politik: «In Bern haben die Parteien noch nicht erkannt, wie angespannt die Lage ist.» Es brauche jetzt und nicht erst nach den Wahlen im Herbst «klare Signale für die Wirtschaft». Es gelte nun, pragmatische Lösungen zu finden, welche die Rahmenbedingungen für die Unternehmen nicht weiter verschlechtern.

Einen neuen Mindestkurs würde dagegen Joos Sutter, Chef des Grossverteilers Coop, begrüssen: «Die Nationalbank sollte die Anbindung des Frankens an einen Währungskorb prüfen», sagt er im Interview mit dem SonntagsBlick.

Alle Nationalbanken der Welt betrieben eine expansive Geldpolitik, nur die Schweiz nicht. Das sei schwer nachvollziehbar. «Es ist schlicht nicht möglich, eine Preisveränderung von 15 Prozent mit Effizienzsteigerungen auszugleichen.»

Eine Gegenstimme zu - meist linken - Forderungen nach einem neuen Mindestkurs hatte Ex-Nationalbank-Vize Niklaus Blattner erhoben: «Ein Kurs um die 1.05 Franken ist doch ganz erfreulich - mit Blick auf die sich zuspitzende Krise in Griechenland», sagte er Tages-Anzeiger und Bund am Samstag. Es entspreche nicht dem Mandat der Nationalbank, den Wechselkurs auf Dauer zu subventionieren.

Seit die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar 2015 den Euro-Mindestkurs aufhob, haben mehrere Unternehmen die Auslagerung oder Streichung von Arbeitsplätzen angekündigt. Die Nationalbank gibt am kommenden Donnerstag ihre geldpolitische Lagebeurteilung ab und wird sich dabei auch den Fragen der Medien stellen. Schon am Dienstag veröffentlicht das SECO seine jüngste Konjunkturprognose. (SDA)

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