Angestellte wurden um 17 Uhr informiert
Wie gehts weiter mit Germania Schweiz?

Nach dem deutschen Germania-Debakel herrscht Ungewissheit. BLICK weiss: Die Schweizer Angestellten werden heute Dienstag am Hauptsitz in Glattbrugg über die Zukunft der Airline informiert.
Publiziert: 05.02.2019 um 14:59 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2019 um 19:37 Uhr
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Nach den Pleiten von Air Berlin und Skywork bleibt nun auch die deutsche Fluggesellschaft Germania am Boden.
Foto: Keystone
Julia Fritsche, Sven Zaugg

In der Nacht auf Dienstag flogen die beiden letzten Maschinen von den Kanaren nach Nürnberg und Münster/Osnabrück zurück. Nach den Pleiten von Air Berlin und Skywork bleibt nun auch die deutsche Fluggesellschaft Germania am Boden. «Schweren Herzens müssen wir Euch mitteilen, dass wir Insolvenz anmelden», teilte Airline-Chef Karsten Balke am Dienstagmorgen seinen Mitarbeitern mit.

Bitter für die Angestellten: Sie verlieren nicht nur ihren Job, auch ihr Januar-Gehalt wurde bislang nicht ausgezahlt. Germania hatte sich auf Charterflüge im Auftrag von Reiseveranstaltern sowie Liniendienste in Nischenmärkten spezialisiert. Zuletzt flog die Airline 31 Maschinen, 26 davon waren geleast. Einige weitere sind in der Schweiz und Bulgarien im Einsatz, die dortigen Ableger umfasst der Insolvenzantrag nicht.

Schweizer Angestellte noch im Ungewissen

«Die Germania Flug AG ist eine Schweizer Fluggesellschaft mit eigener Betriebsbewilligung», sagt Urs A. Pelizzoni, Verwaltungsrat des Schweizer Ablegers. Von der Insolvenz der deutschen Germania sei die Schweizer Tochter also nicht betroffen. «Bei uns läuft der Betrieb wie gewohnt weiter.» Der Flugplan werde aufrechterhalten. Zudem hätten alle Angestellten in der Schweiz ihre Löhne pünktlich erhalten. 

BLICK weiss: Heute Abend um 17 Uhr werden die Mitarbeiter der Germania am Schweizer Hauptsitz in Glattbrugg über die Germania-Pleite informiert. Grund zum Aufatmen? Wohl nur teilweise: Denn die deutsche Germania verfügt über eine Minderheitsbeteiligung von 40 Prozent am Schweizer Ableger. 60 Prozent der Aktien sind in der Schweiz. Wer genau hinter Germania Schweiz steht, darüber schweigt sich die Airline aus.

«Langfristig nicht überlebensfähig»

Die Pilotenvereinigung Aeropers findet klare Worte für das Germania-Debakel: «Eine Airline, die selbst im Jahr 2018, in dem Branchenverband IATA für Europa hohe Gewinne erwartet, in finanziellen Engpässe kommt, ist langfristig nicht überlebensfähig», sagt Geschäftsführer Henning Hoffmann. Die aktuelle Situation von Germania zeige, dass niedrige Lohnkosten keine Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg darstellten. Ein «Grenzübertritt» der Insolvenzwirkung, also dass diese auch noch den Schweizer Ableger trifft, sei leider nicht unwahrscheinlich, prognostiziert Hoffmann.

Ein weiteres Problem: Gemäss BLICK-Informationen nutzt der Schweizer Ableger auch die Infrastruktur der deutschen Germania. Ohne die ist ein Flugbetrieb unmöglich. Germania Schweiz schweigt sich aus darüber, woher sie künftig diese Leistung bezieht.

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BAZL steht Gewehr bei Fuss

«Die Schweizer Germania Flug AG verfügt nach wie vor über eine gültige Betriebsbewilligung», sagt Urs Holderegger, Sprecher vom Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL. Inwieweit sich die Insolvenz der Muttergesellschaft Germania Fluggesellschaft mbH auf ihre Schweizer Tochter auswirken wird, könne im Moment nicht gesagt werden.

Holderegger: «Im Rahmen seiner Aufsichtspflicht steht das BAZL schon länger enger als üblich in Kontakt mit der Germania Flug AG.»

Tiefrote Zahlen seit drei Jahren

Germania Schweiz gehört mit über einer halben Million beförderter Passagiere 2018 zu den Top 10 Fluggesellschaften am Flughafen Zürich. «Die Fluggesellschaft ist für uns als Flughafenbetreiberin eine wertvolle und zuverlässige Partnerin», sagt Philipp Bircher, Sprecher des Flughafens Zürich. «Wir haben derzeit keinerlei Anzeichen, dass sich daran etwas ändert.» Es gelte der reguläre Flugplan mit 21 Destinationen, die derzeit ab Zürich buchbar seien.

Während der Reiseveranstalter Hotelplan schon seit Januar nicht mehr auf Germania Flug setzt, hält Tui an der Airline fest. Sowohl für Einzelflüge wie auch als Teil von Pauschalreisen. «Wir sind im Kontakt mit dem Partner und beobachten die Situation genau», so eine Sprecherin. Nur vereinzelt seien Tui-Kunden von der Insolvenz der deutschen Airline Germania betroffen. Diese würden nun umgebucht werden.

Zu unsicher für Knecht Reisen

Skeptischer ist das Reisebüro Knecht Reisen. «Wir haben unsere Reiseberater seit einigen Wochen angehalten, keine Buchungen auf Germania-Flügen – Deutschland und Schweiz – zu tätigen, weil die Unsicherheit für Kunden einfach zu gross war», so der Sprecher. Zu gross sei auch das Potential für Ungemach, Unannehmlichkeiten und sogar finanziellen Verlust, erklärt er. Rechtlich sei das Schweizer Unternehmen zwar eigenständig, doch wegen der 40-Prozent-Beteiligung der Deutschen blieben zu viele Fragezeichen.

«Wir bieten schon seit Januar aktiv keine Flüge von der deutschen und der Schweizer Germania mehr an», erklärt ein Sprecher von Globetrotter. Wer trotzdem buchen möchte, mache das auf eigene Verantwortung. Der Grund: «Es ist auch für uns schwierig abzuschätzen, wie es mit Germania Flug weiter geht. Daher sind wir vorsichtig.»

Die Probleme von Germania spitzten sich vergangenen Sommer zu. Die vielen Verspätungen führten wie bei anderen Airlines zu hohen Kompensationszahlungen, ebenso belastete der gestiegene Kerosinpreis. Hinzu kamen als spezifische Probleme «erhebliche Verzögerungen bei der Einflottung von Fluggerät», und eine «aussergewöhnlich hohe Anzahl technischer Serviceleistungen», wie die Fluggesellschaft selbst erklärt. Das kostete Geld. Zu viel Geld.

Bereits in den vergangenen drei Jahren schrieb die Gruppe tiefrote Zahlen. 2016 ergab sich ein Verlust von mehr als 32 Millionen Euro und 2017 einer von 8,3 Millionen Euro. Für 2018 prognostizierte der Vorstand ein «Konzernjahresergebnis im Bereich von minus 20 bis minus 30 Millionen Euro». 

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