André Kudelski über Cybersicherheit
«Wir sollten in der Schweiz nicht naiv sein»

André Kudelski findet es gefährlich, wenn sich die Schweiz nur auf Sicherheitstechnologie von ausländischen Herstellern verlässt. Er investiert viel in den Geschäftsbereich in seiner Firma.
Publiziert: 14.08.2018 um 20:17 Uhr
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Aktualisiert: 24.10.2018 um 18:13 Uhr
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André Kudelski (58), Verwaltungsratspräsident und CEO der Kudelski Gruppe mit Hauptsitz in Cheseaux bei Lausanne. Seine Familie hat die Stimmenmehrheit und kontrolliert ein gutes Drittel des Kapitals der Firma. Er hat einen Abschluss als Ingenieur von der EPFL in Lausanne.
Foto: Keystone
Interview: Harry Büsser

Die Firma Kudelski geht zurück auf Stefan Kudelski, der das erste portable Tonbandgerät für Radioreporter produzierte. Sein Sohn André Kudelski fokussierte in den 1990er-Jahren auf Verschlüsselungstechnik für Pay TV. Damit avancierte die Kudelski zur Jahrtausendwende zu einer der grössten Technologiefirmen der Schweiz. Allerdings sorgen Hacker immer wieder für Ärger. Die Verschlüsselungskarten für das Bezahlfernsehen werden immer wieder geknackt, womit die kostenpflichtigen Programme gratis konsumiert werden können. Inzwischen fokussiert Kudelski sein Geschäft verstärkt auf die Sparte Cybersecurity. Am Mittwoch wird er Geschäftszahlen zum ersten Halbjahr 2018 präsentieren. Dann wird er auch Auskunft darüber geben, wie der Umbau seiner Firma verläuft. Bereits jetzt spricht er exklusiv mit SonntagsBlick über Cybersecurity.

Wieso haben Sie in Cybersecurity investiert?
André Kudelski: Die Digitalisierung unserer Gesellschaft ist eine grossartige Gelegenheit. Aber sie birgt auch Risiken. Daher ist die Nachfrage nach Cybersicherheitslösungen enorm. In 25 Jahren Innovation im Kampf gegen die Piraterie im Bereich des digitalen TV hat unsere Gruppe ein einzigartiges Know-how entwickelt. Damit sind wir heute auf dem globalen Markt für Cybersecurity sehr gut positioniert.

Und in der Schweiz?
Im Cyberspace gibt es keine Grenzen und keinen Frieden. Deswegen müssen alle Akteure in der Schweiz ihre digitalen Werte schützen.

Also zum Beispiel Schweizer Bankkonten.
Paradoxerweise sind Angriffe auf Bankkonten nicht die gefährlichsten.

Wie bitte?
Wenn Geld weg ist, merkt man das schnell. Aber wenn Informationen gestohlen werden, merkt man das nicht. Deshalb ist es wichtiger, geistiges Eigentum zu schützen.

Also etwa Informationen, wie Produkte und Dienstleistungen hergestellt werden.
Richtig. Erst kürzlich wurden die genetischen Profile, die DNA-Daten von 92 Millionen Menschen, von der Website Myheritage gestohlen.

Krankenkassen hätten sicher Interesse an diesen Daten. Damit könnten risikoreiche Kunden aussortiert werden.
Ja. Wir sollten alle sehr genau überlegen, welche Informationen wir im Internet preisgeben wollen und wo.

Wie halten Sie es damit?
Ich habe einen hohen Standard, was die Sicherheit betrifft. Beispielsweise bin ich kaum in sozialen Netzwerken im Internet anzutreffen.

Ich habe einen Facebook-Account. Wie kann mir das schaden?
Betrüger haben damit schon mal Name und Nachname. Das reicht für gewisse Tricks in gewissen Ländern schon aus. In den USA etwa braucht es dann nur noch die So­cial Security Number, was in etwa der Schweizer AHV-Nummer entspricht, um eine Kreditkarte auf Ihren Namen zu bestellen.

Oh, und dann?
Dann zum Beispiel bestellt er allenfalls Waren an ein Postfach mit der gleichen Postleitzahl wie Ihre Heim­adresse. Sie merken das erst einige Monate später.

Wenn der Dieb schon über alle Berge ist.
Schlimmer als solche Diebstähle ist es, wenn für eine Firma relevante Informationen gestohlen oder gar Wahlen beeinflusst werden.

Ja, schon, aber Letzteres läuft in der Schweiz noch gar nicht vollständig digital.
Immer mehr wird digital vernetzt, zum Beispiel Autos. Das kann unangenehm werden, wenn da jemand digital eindringt.

Die Gefahr von Hackern ist also gross. Akzeptieren Sie persönlich eigentlich Cookies, mit denen Daten von Ihnen gesammelt werden könnten?
Ich akzeptiere die manchmal, lösche sie aber später wieder.

Sie sind oft auf Reisen. Wie verhalten Sie sich da?
Auf Reisen in sogenannten sensiblen Ländern verwende ich einen anderen Computer, ein iPad, auf dem nur das Minimum an Daten ist, das ich brauche.

Die meisten Geräte haben heute eine Kamera für Videotelefonie installiert. Ich habe diese auf meinem Laptop überklebt, weil es vorkommen könnte, dass jemand von extern auf diese Kamera zugreift.
Ich bin da auch vorsichtig und habe die Kamera meistens geschlossen.

Was für Software verwenden Sie als Schutz?
Wenn ich auf unbekannten Seiten surfe, verwende ich einen spezialisierten Browser. Ansonsten arbeite ich mit dem iOS-Betriebssystem von Apple und habe ein normales Antivirusprogramm.

Mehr nicht?
Ich achte natürlich darauf, dass auf allen Computern immer die neusten Software-Updates installiert sind. Ansonsten ist wichtiger, sich im Internet richtig zu verhalten: Es geht darum, vorsichtig beim Surfen im Web zu sein sowie beim Versenden und Empfangen von E-Mails.

Das Verhalten ist wichtig, aber auch die Technologie. Ist es eine Gefahr für die Schweiz, dass Internet-Sicherheitstechnologie meist aus dem Ausland importiert wird?
Wir sollten in der Schweiz nicht naiv sein. Wenn wir für Sicherheit auf das Ausland angewiesen sind, kann das Folgen haben. Wenn wir uns schützen wollen, müssen wir die Sicherheitstechnologie besser kontrollieren und mehr in die Cybersicherheit investieren.

Was heisst das konkret?
Ein Ansatz ist, die Sicherheitstechnologien besser zu überwachen. Ein anderer ist, Sicherheitstechnologien mindestens teilweise im Inland zu entwickeln. So läuft das etwa in Israel. Dort werden Firewalls entwickelt, Verschlüsselungstechnologien und Techniken, um Eindringlinge in ein System zu entdecken. Wenn man das im Inland selber macht, weiss man, was man hat.

In welche Sicherheitstechnolo­gien hat Kudelski investiert?
Die Gruppe investiert jährlich fast 200 Millionen US-Dollar in Forschung und Entwicklung. Insbesondere unsere Verschlüsselungslösungen, die an der Basis für digitales Fernsehen entwickelt wurden, finden Anwendung in der Mobiltelefonie, im Internet der Dinge (IoT) oder bei der Cybersicherheit.

André Kudelski

André Kudelski (58) investiert viel in das neue Geschäftsfeld Cybersecurity. Er ist Verwaltungsratspräsident und CEO der Kudelski Group mit Hauptsitz in Cheseaux bei Lausanne. Seine Familie hat die Stimmenmehrheit und kontrolliert ein gutes Drittel des Kapitals der Firma. Er hat einen EPFL-Abschluss als Ingenieur. Als Vizepräsident sitzt er im Verwaltungs­rat des Flughafens Genf sowie in der Swiss-American Chamber of Com­merce.

André Kudelski (58) investiert viel in das neue Geschäftsfeld Cybersecurity. Er ist Verwaltungsratspräsident und CEO der Kudelski Group mit Hauptsitz in Cheseaux bei Lausanne. Seine Familie hat die Stimmenmehrheit und kontrolliert ein gutes Drittel des Kapitals der Firma. Er hat einen EPFL-Abschluss als Ingenieur. Als Vizepräsident sitzt er im Verwaltungs­rat des Flughafens Genf sowie in der Swiss-American Chamber of Com­merce.

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