Ampelsystem für Lebensmittel
Lobby schaltet auf Gelb

Die Schweizer verzehren täglich über 100 Gramm Zucker pro Person. Nun fordert der Konsumentenschutz die Einführung eines Ampelsystems auf Lebensmittelverpackungen.
Publiziert: 05.04.2015 um 19:19 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2018 um 18:05 Uhr
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Zuckerbomben: Wer eine Tüte (200 Gramm) Gummibärchen isst, nimmt umgerechnet fast 40 Würfelzucker zu sich.
Von Martina Wacker

Über die Ostertage wird genascht, was das Zeug hält. Mehr als ein halbes Kilo Schokolade verputzt jeder Schweizer in Form von Schoggihasen und -eiern. Aber nicht nur während der Feiertage schnellt der Zuckerkonsum in die Höhe. Schon seit Jahren verzehren Schweizer immer mehr Süsses.

Für den Konsumentenschutz ist das Mass voll. Er fordert die Einführung eines Ampelsystems auf Lebensmittelverpackungen. Dabei wird der Fett- und Zuckergehalt mit Rot, Orange oder Grün gekennzeichnet. Nach jahrelanger Abwehrhaltung gibt sich die Lebensmittellobby jetzt gesprächsbereit.

Laut dem Schweizerischen Ernährungsbericht essen Schweizer heute 42,40 Kilo Zucker pro Jahr. 2001 waren es erst 40,7 Kilogramm. Pro Tag macht das über 100 Gramm Zucker pro Person – 50 Gramm oder 12,5 Würfelzucker mehr als die von der eidgenössischen Ernährungskommission empfohlenen Tages­dosis. Die Folge: Fast jeder Dritte hat Übergewicht. 

Dass zu viel Zucker nicht gesund ist, weiss eigentlich jedes Kind. Nur, ohne schmeckt das Essen fad und langweilig. Hersteller, die den Zuckergehalt reduzieren, bleiben auf ihrer Ware sitzen. Der Luzerner Milchverarbeiter Emmi reduzierte etwa im Kinderquark Petit Emmi, aber auch in den Eigenmarken der Detailhändler den Anteil Kristall­zucker. Danach brach der Verkauf «massiv» ein, wie Emmi sagt.

Trotz Umsatzeinbussen hält der Konzern an der Strategie fest, seine Joghurts und Quarks gesünder zu machen. Man hofft auf ein Umdenken der Konsumenten. Doch mit der Eigenverantwortung ist es so eine Sache. «Bei hochverarbeiteten Fertigwaren kann heute kaum jemand nachvollziehen, welche Inhaltsstoffe in welcher Menge in einem Produkt stecken», sagt Konsumentenschützerin Sara Stalder (48). Sie fordert deshalb transparentere Angaben auf den Verpackungen. 

Als Vorbild dient ihr das in England seit 2006 erprobte System. Dort werden Salz, Fett, gesättigte Fettsäuren und Zucker mit einer Ampel versehen. Die Farbe hängt davon ab, wie hoch der Anteil der problematischen Substanzen ist. Konkret: Ist die Ampel auf Rot, dann übersteigt der Konsum des Produkts die empfohlene Tagesmenge.

Zusätzlich zu den vier Inhaltsstoffen soll in der Schweiz auch die Anzahl Kalorien gekennzeichnet werden.

Bis jetzt sperrte sich die Lebensmittellobby mit allen Mitteln gegen transparentere Verpackungen. Zu gross war die Angst der Hersteller, dass es im neuen System nur eine einzige Ampel gibt – und nicht mehr nach Nährstoffen unterschieden wird.

«Chips haben immer zu viel Fett und Salz, wenn man sie als Hauptmahlzeit zu sich nimmt», sagt Lorenz Hirt, Co-Geschäftsführer der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrie. Aber als Snack hätten sie durchaus Platz in einer abwechslungs­reichen Ernährung.

Das von Stalder geforderte System entspreche dagegen den bereits bestehenden Verpackungsrichtli­nien – «einfach in Farbe», sagt Hirt. «Gegenüber einem solchen System sind wir offen.» Nun warte man auf ein Signal der Konsumentenschützer. «Sobald wir dieses erhalten, sind wir bereit, eine Lösung vertieft zu prüfen», sagt Hirt.

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