Die Aufbruchstimmung am Genfersee ist greifbar: Das Swiss Economic Forum (SEF), das am Mittwoch und Donnerstag in Montreux VD stattfindet, ist für die Schweizer Wirtschaft die wichtigste Veranstaltung in diesem Jahr. Denn viele Branchentreffen oder Messen sind wegen Corona abgesagt.
Die Erleichterung bei der Wirtschaftselite ist gross, dass endlich wieder ein reales Treffen zum Austausch von Sorgen, aber auch neuen Ideen, möglich ist. «Ich bin begeistert, wie viele Leute ich hier treffe, die wie ich den Weg zurück in eine neue Normalität suchen», sagt Mirjam Staub-Bisang (51), Länderchefin des Vermögensverwalters Blackrock in der Schweiz.
Schweizer sind folgsam
Die Managerin lässt durchblicken, dass die Schweiz weiter ist als andere Länder. Sie bezweifelt, dass von ihren Blackrock-Kollegen in den USA so eine Grossveranstaltung wie das SEF schon wieder besucht würde.
Dem würde Edward McMullen (56), US-Botschafter in der Schweiz, wohl widersprechen. Er schwärmt lieber von der wunderbaren Erholung der Wirtschaft in den USA und den sinkenden Fallzahlen. Für den Diplomaten ist klar, dass das Schutzkonzept mit strikter Maskenpflicht im Auditorium funktioniert: «Die Schweizer sind es gewohnt, Regeln zu befolgen.»
Eine besonders populäre Regel ist das «Ellbögeln». Denn mit den Ellbogen begrüssen sich die meisten SEF-Teilnehmer, Händeschütteln ist im Schutzkonzept nicht vorgesehen. «Es ist im Interesse aller, dass das SEF gut über die Bühne geht», sagt Roberto Cirillo (48). Für den Postchef ist das Treffen die Gelegenheit für die Chefs, die Innensicht auf die Probleme des eigenen Unternehmens – und damit den Krisenmodus – abzustreifen.
Aufbruchstimmung am Genfersee
Als Maskenträgerin der ersten Stunde hält sich Magdalena Martullo-Blocher (51), Konzernchefin der Ems-Gruppe und Nationalrätin SVP GR, strikt an das Schutzkonzept. Auch für sie hat das SEF 2020 eine ganz besondere Bedeutung. «In diesem Jahr ist es besonders wichtig, dass sich vor allem die Chefs der KMU treffen und austauschen können. Die waren in den letzten Monaten sehr auf sich allein gestellt.»
Aufbruchstimmung in der Romandie. Und doch: Wegen der Nähe zu Frankreich sind viele skeptischer als in der Deutschschweiz. «Montreux hat sich für die Durchführung angeboten. Das ist ein wichtiges Signal für die Wirtschaft in der Westschweiz», sagt der Zürcher Stefan Michel (53), der an der Kaderschmiede IMD in Lausanne seit Jahren Marketing und Pricing unterrichtet.