Die Individualbesteuerung ist aus Sicht der Initiantinnen und Initianten am fairsten. Sie werde den verschiedenen partnerschaftlichen Lebensmodellen steuerlich gerecht und fördere damit die Gleichstellung.
Zudem setze sie sinnvolle ökonomische Anreize, indem Zweitverdiener und insbesondere erwerbstätige Mütter für ihr Einkommen nicht steuerlich bestraft würden, stellten die Initiantinnen in den Unterlagen zur Medienkonferenz vom Montag fest. Die Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» (Steuergerechtigkeits-Initiative) verlangt, dass «natürliche Personen unabhängig von ihrem Zivilstand besteuert werden».
Heute wird die Individualbesteuerung in der Schweiz nur bei alleinstehenden Personen und unverheirateten Paaren angewendet. Verheiratete Paare und gleichgeschlechtliche Paare, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, werden dagegen gemeinsam besteuert. Ihre Einkommen werden also zusammengerechnet.
Das führt zu einem erhöhten Steuersatz und damit dazu, dass gemeinsam besteuerte Paare bei gleichem Einkommen mehr Steuern bezahlen als Paare oder Einzelpersonen, die individuell besteuert werden.
Die Einführung der zivilstandsunabhängigen Individualbesteuerung würde diese ungerechte «Heiratsstrafe» laut dem Initiativekomitee beseitigen und somit die steuerliche Bevorzugung einzelner Lebensformen beenden.
Zu dem überparteilichen Initiativkomitee zählen unter anderem alt Bundesrätin Ruth Metzler (CVP), Nationalrätin Christa Markwalder (FDP/BE) und Nationalrat Martin Landolt (BDP/GL), Ständerätin Eva Herzog (SP/BS) und Ständerat Daniel Jositsch (SP/ZH) sowie Valentin Vogt, Präsident des Arbeitgeberverbandes, und Adrian Wüthrich, Präsident des Gewerkschaftsdachverbands Travail.Suisse.
Eine Analyse der Denkfabrik Avenir Suisse kam im vergangenen Juni zum Schluss, dass die Individualbesteuerung im Hinblick auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Vorteil ist gegenüber anderen Modellen. Um die Erwerbstätigkeit der Frauen zu erhöhen, empfiehlt auch die OECD der Schweiz seit längerer Zeit, eine Individualbesteuerung einzuführen, wie sie in den meisten europäischen Ländern bereits besteht.
Die Forderung nach Gleichstellung im Steuerrecht ist nicht neu. 2016 lehnte das Stimmvolk die Volksinitiative der CVP «Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe» äusserst knapp ab. Weil der Bund falsche Zahlen vorgelegt hatte, entschied das Bundesgericht später, dass die Abstimmung aufzuheben sei.
Im Februar 2020 zog das CVP-Initiativkomitee sein Volksbegehren zurück. Parteipräsident Gerhard Pfister hatte zuvor bekanntgegeben, dass die Parteispitze eine neue Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe plane - ohne die umstrittene Definition der Ehe als Bündnis zwischen Mann und Frau.
(SDA)