Es ist der Traum vom schnellen Reichtum, der in Dübendorf auf Eis geschrieben steht. In der Eishalle, dem Heimstadion des EHC Dübendorfs, der dort in der ersten Eishockey-Liga spielt. Dort schiesst der Puck über die prominent platzierte Werbung von Alpcoin.com.
Auf der entsprechenden Webseite wird in einem professionell aufbereiteten Video die Sicherheit der Schweiz angepriesen. Hier und in Dubai sei der AlpCoin zu Hause, sagt die Stimme im Off. Der Coin sei als sichere Kryptowährung unabhängig von Politik, Zinsschwankungen oder Aktienkursen. Die Alpcoins würden mit der neuen und einzigartigen Quattro Part Technologie über vier Server mit unterschiedlichen Verfahren generiert und seien somit zu 100 Prozent Fälschungssicher.
Noch nie von «Quadrille-Level» oder «Quattro Part Technologie» gehört
Das Video geht noch weiter: «Bei Erreichung von 100 Prozent des Quadrille Levels, werden die Token vervierfacht und automatisch in Coins zum aktuellen Coin-Wert umgewandelt ... Unser Produkt ist weltweit vermittelbar und unterliegt keinen uns bekannten Restriktionen...»
SonntagsBlick hat mehrere Branchen-Experten gefragt, ob sie wissen, was ein «Quadrille-Level» oder die «Quattro Part Technologie» sei. «Noch nie davon gehört» sagt etwa Markus Hartmann, CEO und Gründer von Alethena, einer auf Analysen und Überprüfung von Kryptowährungen spezialisierten Schweizer Firma.
Das Video und weitere Werbung haben offenbar aber gewirkt. Gemäss Insidern haben viele Menschen in der Schweiz und weltweit Alpcoins gekauft – es ist die Rede von einem Volumen in der Höhe von mindestens 50 Millionen Franken! Investoren sollen sich eine Verneunfachung des Wertes erhofft haben. Das Argument sei gewesen, dass ausländische Pensionskassen investieren würden, was den Preis nach oben treiben werde. Die Geldgeber dachten leider nicht an diese goldene Anlageregeln: Wenn eine Investitionsgelegenheit zu gut erscheint, um wahr zu sein, dann ist sie genau das.
«Reine Scharlatanerie»
Der auf Krypto-Währungen spezialisierte Wirtschaftsprüfer Jürg Kradolfer geht davon aus, dass es sich bei Alpcoin um ein Schneeballsystem handelt. Offenbar bekommt Geld, wer jemanden davon überzeugt, Alpcoin Member zu werden. Auf seiner Webseite bitcoin-schweiz.ch listet Jürg Kradolfer die Firma unter den Scharlatanen.
«Alpcoin.com ist reine Scharlatanerie. Die Kryptowährungsbeschreibung ist ein Witz», so Kradolfer. Patrick Rüegsegger, der Solothurner Gründer von Alpcoin.com bestreitet diese Vorwürfe vehement, wie sein Rechtsberater Daniel Biesuz von der Kanzlei ILFP schreibt.
Doch weitere Recherchen ergeben, dass die Firma es mit der Wahrheit nicht allzu streng nimmt. Auf der Webseite wird behauptet, die Firma sei bei der Schweizer Selbstregulierungsorganisation VQF angeschlossen und unter der Aufsicht der Finanzmarktaufsicht Finma. Doch Finma und VQF vereinen das.
Auf Anfrage schreibt Nicolas Ramlet, Geschäftsführer des VQF: «Wir werden das Unternehmen entsprechend abmahnen und auch die FINMA darüber informieren, dass eine Aufsicht durch sie vorgetäuscht wird.»
Ex-Miss-Schweiz Kerstin Cook als Botschafterin einer Stiftung?
Alpcoin-Gründer Patrick Rüegsegger schreibt darauf in einer kryptischen E-Mail an SonntagsBlick: «Vorher VQF unterstelltes Unternehmen verwenden wir diesen Text nicht mehr. Da muss es sich möglicherweise um einen alten Eintrag im Netz handeln.» Der Eintrag war allerdings noch am Freitag so im Netz.
Neben der Werbung auf dem Eis in Dübendorf, gibt Alpcoin auch an, eine italienische Basketball-Mannschaft zu unterstützen. Zudem soll sie der einzige Sponsor der «Children Sports Foundation» sein. Auf deren Webseite wird unter anderem die ehemalige Miss Schweiz Kerstin Cook als Botschafterin aufgeführt.
Allerdings: Die «Children Sports Foundation» gibt es gar nicht. Der einzige mit einer Telefonnummer gelistete Vertreter der Organisation ist ein ehemaliger Schweizer Profifussballer. Es ist unklar, wie tief er in den Fall Alpcoin verwickelt ist. Nach telefonischer Konfrontation nimmt er die Webseite der Foundation sofort vom Netz.
Die heute 29-jährige Kerstin Cook wurde im Jahr 2010 zur Miss Schweiz gewählt. Auf der Webseite der Children Sports Foundation war sie als Botschafterin aufgeführt. Die Stiftung gibt es gar nicht. Ob Cook das wusste, ist unklar. Alpcoin war als einziger Sponsor der Foundation gross auf deren Webseite.
Die heute 29-jährige Kerstin Cook wurde im Jahr 2010 zur Miss Schweiz gewählt. Auf der Webseite der Children Sports Foundation war sie als Botschafterin aufgeführt. Die Stiftung gibt es gar nicht. Ob Cook das wusste, ist unklar. Alpcoin war als einziger Sponsor der Foundation gross auf deren Webseite.
«Unsere Empfehlung: nichts bezahlen!»
Schönheitskönigin Kerstin Cook wiederum wurde von SonntagsBlick schriftlich angefragt, ob sie Kenntnis davon habe, dass sie als Botschafterin der Foundation mit Foto aufgeführt war. Eine Antwort stand bis Redaktionsschluss aus.
Das Geschäftsgebaren der Hintermänner von Alpcoin scheint äusserst fragwürdig. Jürg Kradolfer von Bitcoin-Schweiz schreibt: «...es soll offenbar lediglich Geld einkassiert werden. Unsere Empfehlung: Nichts bezahlen!»
Der Traum vom schnellen Geld ging also wohl höchsten für die Betreiber von Alpcoin in Erfüllung. Für die Investoren dürfte der Traum vom Reichtum in Dübendorfer Eis eingefroren bleiben.