Statt Milch und Honig fliesst in der Schweiz vor allem eins: Wasser, viel Wasser. Sechs Prozent von Europas Reserven lagern hier. «Wir sind prädestiniert, ein Wasserland zu sein. Wir haben Berge, die uns das Wasser aus der Atmosphäre holen. Es gibt Gletscher, Flüsse, Seen und auch viel Grundwasser», sagt Stephan Müller, Abteilungsleiter Wasser beim Bundesamt für Umwelt (Bafu).
Dass der Stromkonzern Alpiq Anteile an seinen Wasserkraftwerken verkaufen will, schreckt die Schweiz auf. «Die meisten Wasserkraftwerke gehören indirekt dem Volk. Sie geniessen daher Spezialbehandlung. Dass nun private Investoren diese Anlagen zu denselben Bedingungen übernehmen können, ist störend», sagt Christopher Bonzi (39), Wassekraftexperte bei der Umweltorganisation WWF.
Wasser ist für die Stromgewinnung der Schweiz zentral. Wasserkraft deckt 56 Prozent des Schweizer Strombedarfs. Die Atomkraftwerke benötigen rund 1,6 Milliarden Kubikmeter Wasser für die Kühlung. Das sind rund 40 Prozent des Schweizer Wasserbedarfs überhaupt.
«Eine Wirtschaft ohne Wasser kann nicht existieren», sagt Matthias Freiburghaus (46), technischer Berater beim Schweizerischen Verein des Gas- und Wasserfachs (SVGW). Grösster Wasserverbraucher nach den AKW sind Industrie und Gewerbe. So kühlen die Pharmariesen Roche und Novartis ihre Fabriken mit Flusswasser. Und auch die Landwirtschaft ist wasserintensiv. Die Bauern brauchen fast gleich viel Wasser wie die Schweizer Haushalte.
Kantone sind die Eigentümer
Das Wasser in der Schweiz gehört den Kantonen. Sie regeln, wer es wie nutzen darf. «Wasserkraftbetreiber nutzen das Wasser der Flüsse und von den Stauseen. Die Details regeln Verträge zwischen den Kantonen und den Betreibern», erklärt Bafu-Experte Müller. Angst vor ausländischen Investoren hat er keine. «Heute lohnt es sich im Normalfall nicht, Wasser zu verkaufen und mit Lastwagen wegzutransportieren.» Dies auch, weil das Schweizer Wasser früher oder später das Land verlässt. «Alle vier grossen Flüsse in Europa – Rhein, Rhone, Po, Donau – entspringen in der Schweiz», so Müller.
Am Montag liess Alpiq die Bombe platzen: Weil der Stromkonzern dringend Geld braucht, will er bis zu 49 Prozent seiner Wasserkraftwerke verkaufen – auch an ausländische Investoren. «Wasserkraft ist im Moment zu teuer. Vor allem für die Schweizer Stromproduzenten, die ihren Strom im europäischen Markt verkaufen», sagt Daniel Rupli, Stromexperte bei der Credit Suisse.
Das Problem: Im Ausland ist Strom spottbillig. Vor allem dank Milliardensubventionen. Denn eigentlich sind Wasserkraftwerke eine lohnende Investition. «Die Strompreise werden nicht ewig so niedrig bleiben. Ausserdem steigt die Schweiz mittelfristig aus dem Atomstrom aus und wird die Lücke kaum durch CO2-Energie decken», so Rupli.
Und: Wasserkraft hat Zukunft. «Wir könnten unseren Stromverbrauch mit Solarenergie decken», sagt Tony Patt, Professor für Klimapolitik an der ETH, «aber die Sonne scheint sechs Mal stärker im Sommer als im Winter.» Wasserkraft habe den Vorteil, dass sie viel beständiger sei als Wind- oder Solarenergie.
Rolf Wüstenhagen, Professor für erneuerbare Energien an der Uni St. Gallen, sieht vor allem einheimische Stromkonzerne als Interessenten für die Alpiq-Wasserkraftwerke: «Der Einstieg kompletter Aussenseiter in ein solches Geschäft ist nach meiner Einschätzung mit sehr grossen Hürden verbunden.»
Am Montag liess Alpiq die Bombe platzen: Weil der Stromkonzern dringend Geld braucht, will er bis zu 49 Prozent seiner Wasserkraftwerke verkaufen – auch an ausländische Investoren. «Wasserkraft ist im Moment zu teuer. Vor allem für die Schweizer Stromproduzenten, die ihren Strom im europäischen Markt verkaufen», sagt Daniel Rupli, Stromexperte bei der Credit Suisse.
Das Problem: Im Ausland ist Strom spottbillig. Vor allem dank Milliardensubventionen. Denn eigentlich sind Wasserkraftwerke eine lohnende Investition. «Die Strompreise werden nicht ewig so niedrig bleiben. Ausserdem steigt die Schweiz mittelfristig aus dem Atomstrom aus und wird die Lücke kaum durch CO2-Energie decken», so Rupli.
Und: Wasserkraft hat Zukunft. «Wir könnten unseren Stromverbrauch mit Solarenergie decken», sagt Tony Patt, Professor für Klimapolitik an der ETH, «aber die Sonne scheint sechs Mal stärker im Sommer als im Winter.» Wasserkraft habe den Vorteil, dass sie viel beständiger sei als Wind- oder Solarenergie.
Rolf Wüstenhagen, Professor für erneuerbare Energien an der Uni St. Gallen, sieht vor allem einheimische Stromkonzerne als Interessenten für die Alpiq-Wasserkraftwerke: «Der Einstieg kompletter Aussenseiter in ein solches Geschäft ist nach meiner Einschätzung mit sehr grossen Hürden verbunden.»
Vielen Schweizer ist nicht bewusst: Wasser ist zentraler Bestandteil unserer Identität. Ohne die flüssige Ressource gäbe es auch den Tourismus nicht. «Das Erlebnis Wasser ist einer der ganz zentralen Treiber für uns», sagt Jürg Schmid (53), Direktor von Schweiz Tourismus, «sei es im Sommer mit den Seen und Flüssen. Oder im Winter in gefrorener Form.» Laut Schmid gebe es bei Schweiz Tourismus kaum Werbefotos, auf denen kein Wasser zu sehen sei. «Die Engländer sagen, die Schweiz sei das Land der Berge und Seen. Sie reden nie nur von den Bergen.»
Wasser ist praktisch nie knapp
Wasser wird in Zukunft noch viel wichtiger. Und umkämpfter. Der Klimawandel betrifft auch die Schweiz. «Wie dramatisch es wird, wissen wir noch nicht», sagt Wasserexperte Freiburghaus.
Derzeit ist Wasser in der Schweiz praktisch nie knapp. Nur in seltenen Fällen reicht es nicht, um Schneekanonen zu betreiben oder die Felder intensiv zu wässern. Freiburghaus versichert: «Es laufen Projekte, um die Wasserversorgung in der Schweiz sicherstellen. Man stellt sich in der Schweiz der ungewissen Zukunft.»
Auch laut Bundesamt für Umwelt droht der Schweiz noch kein Mangel. «Wir werden immer das Wasserschloss Europas bleiben», prognostiziert Stephan Müller, «wir sind ein privilegiertes Land.» Wasser – die Voraussetzung, dass bei uns Milch und Honig fliessen.