«Aldi ist Kult»
Star-Designerin Joop steigt mit Discounter ins Bett

Jette Joop (48) erklärt im Interview mit BLICK, warum sie Aldi Suisse zum Laufsteg macht, sie eine Fashion-Idee ihres Vaters Wolfgang (71) für einen Scherz hält und sie ein Burka-Verbot ablehnt.
Publiziert: 22.09.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:14 Uhr
«Aldi ist auf mich zugekommen. Das ist ein Kompliment», sagt Jette Joop (48) im Gespräch mit BLICK.
Foto: Pressebild Joop
Interview: Ulrich Rotzinger

Frau Joop, Aldi verkauft ab Montag Ihre Blue Motion Kollektion in die Schweiz. Zum wiederholten Mal. Gefällt Ihnen die Schweiz so gut?
Jette Joop: Ich finde die Schweiz toll. In Zürich habe ich angefangen, Industrie-Design zu studieren. Außerdem leben einige Freunde von mir in der Schweiz, mit denen ich mich gerne ab und zu in St. Moritz treffe.

Warum steigen Sie gerade mit dem Discounter ins Bett?
Die erste Gast-Kollektion bei Aldi Suisse in diesem Frühling lief extrem gut. In den meisten Filialen war sie innerhalb von 30 Minuten komplett ausverkauft.

Das hat Sie erstaunt?
Es hat mich sehr erstaunt, dass ich danach viele Kollektionsteile auf der Auktionsplattform Ebay gefunden habe. Und zwar zum doppelten Preis!

Statt getragen wird Ihre Mode auf Ebay verhökert. Macht Ihnen das gar nichts aus?
Nein. Das ist definitiv ein Indikator, dass man eine solche Aktion noch einmal machen sollte.

Das glaube ich nicht!
Sollten Sie aber (lacht). Ich habe Ihnen ja noch nicht von den  vielen Zuschriften enttäuschter Kundinnen erzählt, die mich baten, diese Aktion zu wiederholen. Viele haben mir auch Fotos von sich in meiner Mode geschickt. Das ist doch toll, oder etwa nicht?

Ebay ist nicht gerade die beste Adresse.
Der Handel, Lifestyle und das Konsumverhalten haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Viele von Einzelhandelsgeschäften sind – leider – nicht mehr da. Das Abwandern ins Internet ist eklatant. Wir gehen immer mehr zu einem Spontan- und Erlebniseinkauf über. Insofern habe ich mich gefreut, dass wir bei der Kooperation mit Aldi Suisse mutig genug und dem  Markt einen Schritt voraus waren. Andere Unternehmen ziehen inzwischen mit ähnlichen Aktionen nach.

Was hat für Aldi den Ausschlag gegeben?
Aldi ist für seine Professionalität und das einfache Einkaufen bekannt. Aldi ist Kult. Der Discounter steht für eine Demokratisierung des Lifestyles.

Dass Aldi in der Schweiz Kult ist würde ich heute nicht unterschreiben. Sind Sie auf den Discounter zugegangen?
Nein. Aldi ist auf mich zugekommen. Ich finde, das ist ein Kompliment. Aldi prüft sehr genau, mit wem man zusammenarbeiten will. Das Aldi-Management würde nur jemanden als Kooperationspartner wählen, der glaubwürdig ist und eine ehrliche Leistung erbringt, die vom Kunden geschätzt wird. Sonst funktioniert das ganze Spiel von Angebot und Nachfrage ja nicht.

Will Aldi nicht einfach mit Ihrem Image hip sein und Kasse machen?
Wenn die Kollektion nicht gut und die Kundin mit der Ware nicht zufrieden ist, dann kommt vieles davon auf irgendeine Art mit einer Beschwerde zurück. Das ist weder für Aldi noch für mich von Vorteil. Sie können heute mit Marken oder bekannten Namen nicht alles bewegen, wenn die Qualität nicht stimmt und das Preis-Leistungsverhältnis nicht passt. Dafür ist das Wettbewerbsumfeld zu hart.

Modekollektion designt by Jette Joop, ab 26. September in Schweizer Aldi-Filialen.
Foto: Aldi Suisse

Was bringt Jette Joop den Schweizer Kundinnen in die Aldi-Filialen?
Es wird viele tolle Pullover geben passend zum Herbst, einer mit besonders schönem blauen Farbverlauf. Wir haben Stiefeletten, sogar Taschen und Rucksäcke. Der ganze Look ist sehr cool und clean. Ich würde ihn als gut-klassisch beschreiben.

Was meinen Sie mit gut-klassisch?
Die Frauen sollen in den Kleidern toll aussehen, aber nicht zu aufreizend wirken. Sie sollen Klasse ausstrahlen und nicht billig wirken. Der gutklassische Look funktioniert bei allen Frauen.

Aber funktioniert auch der Preis von rund 20 Fr. für eine Jeans?
Herbst- und Wintermode ist wegen den Stoffen immer ein bisschen teurer als Sommermode. Ich denke aber, dass die Schweizer Kundin die tollen Preise bei Aldi schätzen wird. Günstig heisst ja nicht schlecht.

Fürchten Sie nicht um Ihren Ruf, wenn Sie sich mit Aldi einlassen?
Nein, warum sollte mein Image darunter leiden. Ich gehe dorthin, wo der Kunde gerne ist und Vertrauen hat. Und wenn die Verkaufszahlen wie jetzt bei Aldi nach oben steigen, sieht man, dass da etwas richtig läuft.

Glaubwürdigkeit spielt eine wichtige Rolle?
Akzeptanz hängt stark von der Glaubwürdigkeit ab. Ich bin seit 20 Jahren Designerin aus Leidenschaft, ich habe das gelernt und bewiesen, dass ich damals den richtigen Beruf gewählt habe. Ich bin kein Serienstar, der kurzum überlegt hat nebenher zu designen.

Männer-Mode interessiert Sie gar nicht?
Oh doch.. Das würde mir so viel Spass machen. Ich mag Männer und kleide sie auch gerne ein. Die meisten Männer können stylisch noch viel mehr erlauben.

Was haben Sie zuletzt bei Aldi gekauft?
Zuletzt habe ich Blumen, Milch, Nüsse und Haribo Weingummi-Bärchen gekauft. Lakritze finde ich auch super.

In welchem Schweizer Aldi war das?
Ich lebe ja in Deutschland und kaufe entsprechend bei Aldi ein. Das letzte Mal war ich in einem Aldi in Düsseldorf. Von Aldi Suisse habe ich nur gutes gehört und werde bei meinen nächsten Besuch sicher mal eine Aldi-Filiale besuchen. Es soll ja bald eine Filiale beim Bahnhof in Zürich geben.

Was unterscheidet Schweizer von deutschen Kundinnen?
Eigentlich nichts. Schweizer Frauen sind genauso modebewusst wie deutsche Frauen. In Zürich fällt mir besonders auf, dass die Frauen dort sehr schmuckaffin sind und tolle Uhren tragen. Was den Style anbelangt sind Hamburg, meine Heimatstadt, und Zürich nahe beieinander.

Jette Joop studierte in Zürich Industriedesign. Heute trifft sie sich gerne mit Freunden in St. Moritz.
Foto: JOOP

Ihr Vater, der Wolfgang, hat im Schweizer Fernsehen gesagt, er wolle die islamische Verhüllung zur Fashion-Idee weiter drehen. Verschleierung und Kopftuch hätten etwas Erotisches?
Ich würde mal vermuten, dass mein Vater wahrscheinlich einen Scherz gemacht hat.

Er klang aber sehr ernst und sprach auch von der Eröffnung einer Boutique in Teheran.
Na gut. Ich sage es mal so: Wenn es jemand geben sollte, der das kann, dann ist es sicher er.

Kopftuchmode, zum Beispiel die Hidschab, wäre das auch was für Sie?
Ich mache jetzt erstmal hier mit der Blue Motion-Kollektion für Aldi weiter. Dann würde ich was mit Männern machen wollen, zum Bespiel Unterwäsche oder Bademode.

In der Öffentlichkeit läuft die Diskussion über Verbote von Burkas oder Burkinis. Darf ein Staat eingreifen per Gesetz, und diese Kleidungsstücke verbieten?
Nein. Ich finde, dass man die kulturellen Unterschiede grundsätzlich in jeder Richtung zu respektieren hat.

Ist das Ihre ganz persönliche Meinung als Frau?
Aus Sicht der Frau finde ich, dass das passieren sollte, worin sich die Frau wohl fühlt und ihr Geborgenheit gibt. Ich bin also ganz klar dafür, dass man diese errungenen Rechte verteidigt. Als Designer sollte man Respekt vor anderen Kulturen und Bräuchen haben.

Wie meinen Sie das?
Ich meine das auch als Mutter. Als meine 19-Jährige Tochter neulich ihre Freundin bei uns hatte, versuchte ich ihnen zu schildern, wie sensationell es ist, dass man heute in Deutschland, und natürlich auch in der Schweiz, als Frau dem Mann gleichgestellt ist und das Recht hat, zu tragen was man will. Die Mädchen der heutigen Generation können sich ja gar nicht erinnern, dass eben ganz vieles, was jetzt für Frauen ganz normal ist, lange nicht selbstverständlich war. Ich finde unsere heutige Demokratie eine tolle Errungenschaft.

Zum Schluss noch eine Prognose: Reicht die Zahl der Produkte ihrer Kollektion in den Aldi-Filialen nächste Woche länger als eine halbe Stunde?
Das ist schwer zu sagen. Ich wünsche mir natürlich, dass sich die Kollektion gut verkauft. Wir haben uns sehr viel Mühe gegeben und schöne Designs kreiert. Manchmal hängt es von ganz profanen Dingen ab, zum Beispiel wie das Wetter ist oder generell die Stimmung ist. Alle Filialen werden mit genügend Ware beliefert. Aber es ist schon so, dass Aldi darauf hingeweist: Solange Vorrat.

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