Die vorberatende Kommission hatte einen Richtwert für Geschäftsleitungen abgelehnt. Der Ständerat folgte am Mittwoch aber mit 27 zu 13 Stimmen dem Nationalrat und dem Bundesrat - wohl auch unter dem Eindruck des Frauenstreiks.
In Verwaltungsräten grosser börsenkotierter Unternehmen soll jedes Geschlecht zu mindestens 30 Prozent vertreten sein, in Geschäftsleitungen zu mindestens 20 Prozent. Betroffen sind etwa 200 Unternehmen.
Sanktionen sind nicht vorgesehen: Unternehmen, die den Richtwert nicht erreichen, müssten bloss im Vergütungsbericht die Gründe sowie Massnahmen zur Verbesserung darlegen. Aus Sicht der Befürworterinnen und Befürworter handelt es sich deshalb nicht um eine Quote.
Zur Debatte stand, die Pflicht zur Berichterstattung auf 10 Jahre zu befristen. Der Rat lehnte das aber mit 23 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Es sei eine sanfte, harmlose Regulierung, lautete der Tenor. Eine Ablehnung wäre ein «Schlag ins Gesicht der Frauen», sagte Beat Vonlanthen (CVP/FR).
Anita Fetz (SP/BS) sprach von einem «Quötchen mit Samtpfötchen". Weniger sei fast nicht möglich. Christian Levrat (SP/FR) betonte, die Situation werde sich nicht von alleine verbessern. Vor wenigen Tagen sei eine halbe Million Menschen auf die Strasse gegangen für die Anliegen der Frauen. Eine solche Regelung sei das Mindeste, was der Rat tun könne.
Die Gegner argumentierten mit der Organisationsfreiheit der Unternehmen. In diese dürfe nicht eingegriffen werden, sagte Beat Rieder (CVP/VS). Andrea Caroni (FDP/AR) sprach sich in Reimen gegen die Geschlechterrichtwerte für Geschäftsleitungen aus. Einer davon lautete: «Leid tun mir auch all die Frauen im Verdacht, sie seien nicht da zum Schalten und Walten, sondern um die Quote einzuhalten.»
Mit der Revision des Aktienrechts soll auch die Abzockerinitiative auf Gesetzesebene umgesetzt werden. Bisher gibt es erst Verordnungsbestimmungen dazu. Auf Gesetzesebene werden nun einige Präzisierungen vorgenommen. So werden etwa Entschädigungen für Konkurrenzverbote eingeschränkt, damit das Verbot goldener Fallschirme nicht über solche umgangen werden kann.
Im Wesentlichen werden indes die geltenden Verordnungsbestimmungen ins Gesetz aufgenommen. Auf diesem Kurs blieb auch der Ständerat. Thomas Minder (parteilos/SH) setzte sich vergeblich für strengere Bestimmungen ein. Der Ständerat will Unternehmen auch nicht dazu verpflichten, im Vergütungsbericht Zuwendungen an politische Akteure anzugeben.
Gutgeheissen hat der Ständerat eine Regelung zur Bekämpfung der Korruption im Rohstoffsektor: Grosse börsenkotierte Unternehmen, die in der Rohstoffförderung tätig sind, sollen einen jährlichen Bericht über ihre Zahlungen an staatliche Stellen verfassen müssen.
Der Bundesrat soll die Regelung auf Unternehmen im Rohstoffhandel ausdehnen können, und zwar im Rahmen eines international abgestimmten Vorgehens. Der Rat sprach sich hier für einen Kompromissvorschlag von Stefan Engler (CVP/GR) aus.
Im grössten Teil der 220 Seiten umfassenden Gesetzesrevision geht es um eine Modernisierung des Aktienrechts. Dazu zählen die Liberalisierung der Gründungs- und Kapitalbestimmungen. Anders als der Nationalrat will der Ständerat allerdings an der geltenden Pflicht zur öffentlichen Beurkundung bei Gründungen festhalten.
Er lehnt die Abschaffung der Pflicht ab. Ausserdem will er nicht, dass Aktienkapital auch in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung zulässig ist und dass die Generalversammlung im Ausland durchgeführt werden kann.
Wie der Nationalrat hat sich der Ständerat hingegen für die Einführung eines Kapitalbands ausgesprochen. Damit kann die Generalversammlung den Verwaltungsrat ermächtigen, das Aktienkapital während der Dauer von längstens fünf Jahren innerhalb einer bestimmten Bandbreite zu erhöhen oder herabzusetzen.
Beat Rieder (CVP/VS) sagte, es handle sich um einen jener Punkte, für welche sich die Revision lohne. Das Kapitalband führe zu weniger Bürokratie. Dagegen stellte sich eine linke Minderheit. Christian Levrat (SP/FR) argumentierte, das Kapitalband widerspreche der Logik der Reform, denn es schwäche die Position der Aktionäre. Ausserdem berge es Missbrauchspotenzial. Wegen Änderungen bei der Stempelsteuer, welche die Kommission gleichzeitig vorschlug, drohten hohe Steuerausfälle.
Justizministerin Karin Keller-Sutter sagte dazu, je nach Ausgestaltung bestehe tatsächlich die Gefahr von «Steueroptimierungen". Der Bundesrat habe deshalb nach der Vernehmlassung nachjustiert. Mit seiner Version würden Steueroptimierungen verhindert. Denn diese sehe nur bei den direkten Steuern und der Verrechnungssteuer eine Nettobetrachtung bezüglich der Kapitaländerungen innerhalb des Kapitalbands vor.
Der Rat folgte aber mit 24 zu 12 Stimmen seiner Kommission. Er möchte die Nettobetrachtung auch bei der Emissionsabgabe einführen. Das bedeutet, dass die Emissionsabgabe nicht bei jeder Ausgabe von neuen Aktien erhoben würde, sondern erst nach Ablauf des Kapitalbands und nur auf einer Nettokapitalerhöhung.
Diese Massnahme hätte Mindereinnahmen bei der Emissionsabgabe zur Folge, sagte Keller-Sutter. Das Ausmass werde davon abhängen, in welchem Ausmass die Unternehmen das Kapitalband in Anspruch nähmen. In der Gesamtabstimmung hiess der Ständerat die Aktienrechtsrevision mit 29 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen gut. Die Vorlage geht zurück an den Nationalrat.
(SDA)