Air-Berlin-Pleite dürfte Flugtickets verteuern
Die Reisebranche zittert vor diesem Vogel

Die Lufthansa und ihre Tochter Swiss können vom Untergang der Billiglinie Air Berlin profitieren. Schweizer Reisebüros befürchten das Schlimmste.
Publiziert: 20.08.2017 um 14:29 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:10 Uhr
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Der Lufthansa-Konzern dominiert die Luftfahrt in der Schweiz, Deutschland und Österreich.
Foto: Keystone
Moritz Kaufmann

Nicht mehr lange, dann verschwindet Air Berlin vom Himmel. Die zweitgrösste Airline Deutschlands ist seit Montag klinisch tot. Ihre Insolvenz verteilt die Karten in Europas Luftfahrt neu – ein Schreckensszenario für die Schweizer Reiseindustrie.

«Wir befürchten, dass der Lufthansa-Konzern zu mächtig wird», sagt Walter Kunz (56), Geschäftsführer des Schweizer Reise-Verbands, dem praktisch alle Reisebüros des Landes angeschlossen sind – darunter Hotelplan, Kuoni und Tui Schweiz: «Wenn sich die Lufthansa nun Teile von Air Berlin sichert, hätten wir eine Marktdominanz sondergleichen.»

Dafür bezahlen, so Kunz, würden alle – in erster Linie die Kunden.

Heftiges Feilschen hinter den Kulissen

Gegenwärtig sieht es danach aus, als könnte Kunz recht behalten. Hinter den Kulissen wird bereits heftig gefeilscht. Deutsche Medien berichten, dass sich Easyjet, der Ferienflieger Condor und die Lufthansa-Gruppe am Ausweiden von Air Berlin beteiligen. Swiss-Mutter Lufthansa dürfte sich den Löwenanteil sichern. Die Rede ist von 90 Flugzeugen. Ihre Flotte würde damit um ein Drittel grösser. Offen ist lediglich, ob die Jets künftig unter der Flagge der Lufthansa oder einer ihrer zahlreichen Tochtergesellschaften fliegen werden.

Gegen aussen zeigte sich die Reisebranche bisher gelassen. Da Air Berlin dank Notkredit der deutschen Regierung bisher ihren Verpflichtungen nachkommen kann, blieb das grosse Chaos aus. Doch in den Chefbüros der Reiseveranstalter herrschte wegen der drohenden Pleite schon lange Nervosität. Reise-Verbands-Chef Kunz lud deshalb vor kurzem Air-Berlin-Verantwortliche nach Zürich ein: «Sie haben uns versichert, dass die finanzielle Unterstützung bis Oktober 2018 gewährleistet sei.»

Verhandlungsmacht der Lufthansa wächst

Heute ist klar: Dem ist nicht so. Mit Air Berlin verlieren die Reisebüros einen wichtigen Partner mit weltweitem Streckennetz. Stattdessen wächst nun die Verhandlungsmacht der Lufthansa – zu der auch die Schweizer Ferienairline Edelweiss gehört: «Das sind keine guten Nachrichten», sagt Kuoni-Sprecher Marcel Schlatter. Klartext aber will niemand reden – aus gutem Grund. Derzeit wird für die Sommersaison 2018 eingekauft. Einen Geschäftspartner vom Kaliber der Lufthansa-Gruppe darf man da keinesfalls verärgern!

«Es ist im Interesse der Kunden, dass der Markt spielt. Im Raum Deutschland-Österreich-Schweiz ist der Lufthansa-Konzern mit Swiss und Austrian Airlines heute schon sehr dominant», stellt Walter Kunz fest. Einzelne Strecken zeigten bereits, was geschieht, wenn die Lufthansa-Gruppe das Monopol hält: «Zürich–Brüssel oder Zürich–Frankfurt an einem Tag unter der Woche anzufliegen, kostet ein Mehrfaches als auf anderen Strecken.»

Zweikampf zwischen der Lufthansa-Gruppe und Easyjet

Tatsächlich dürfte die Lufthansa nach der Air-Berlin-Pleite wieder zur passagierstärksten Airline Europas werden (siehe Tabelle). Dieses Prädikat hatte sie letztes Jahr an die irische ­Ryanair verloren. In der Schweiz wird sich zudem der Zweikampf zwischen der Lufthansa-Gruppe und Easyjet verstärken.

Die Swiss dominiert in Zürich-Kloten. Am EuroAirport in Basel und am Flughafen Genf hingegen gibt Easyjet den Ton an.

Diese Konkurrenzsituation dürfte vorerst zumindest Privatkunden vor allzu happigen Preisaufschlägen schützen.

Gegenüber SonntagsBlick wollten weder Swiss noch Easyjet die Situation kommentieren.

Grösste Airlines Europas 2016

1. Ryanair 116,8 Mio.
2. Lufthansa (u. a. Swiss, Austrian, Eurowings) 109,7 Mio.
3. IAG (u. a. British Airways, Iberia, Vueling) 100,7 Mio.
4. Air France-KLM (u. a. Hop!, Cityjet, Transavia) 93,4 Mio.
5. Easyjet 74,5 Mio.

1. Ryanair 116,8 Mio.
2. Lufthansa (u. a. Swiss, Austrian, Eurowings) 109,7 Mio.
3. IAG (u. a. British Airways, Iberia, Vueling) 100,7 Mio.
4. Air France-KLM (u. a. Hop!, Cityjet, Transavia) 93,4 Mio.
5. Easyjet 74,5 Mio.

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