Altersvorsorge ist ein Thema, das viele Schweizerinnen und Schweizer umtreibt. Zurecht, da man ja den Lebensabend finanziell unabhängig gestalten möchte. Es sollen genügend finanzielle Mittel vorhanden sein, um den eigenen Lebensstandard aufrechterhalten zu können.
Damit dies gelingt, ist Eigeninitiative notwendig. Einerseits ist das seit dem 3. Dezember 1972 bestehende Drei-Säulen-System Gegenwinden ausgesetzt - Finanzierungsprobleme wegen der demografischen Entwicklung oder fehlende Reformen -, andererseits gibt es Fehler, die einen teuer zu stehen kommen können.
Die wichtigsten zehn Fehler beim Thema «Altersvorsorge» in der Übersicht:
1. Fehler: Sich nicht selbst um die Altersvorsorge kümmern
«Einer der grössten Fehler ist es, sich nicht mit der persönliche Vorsorgesituation zu befassen oder sich in dieser Hinsicht vollständig auf die Partnerin oder den Partner zu verlassen», sagt Andrea Klein, Leiterin Fachzentrum Finanzplanung bei Raiffeisen Schweiz. Der Trennungsfall kann insbesondere für im Konkubinat lebende Partner, die gar nicht oder nur in geringen Teilzeitpensen arbeiten, schwerwiegende finanzielle Konsequenzen haben. Bei einer Trennung besteht kein Anspruch auf das Altersvermögen, das während der gemeinsamen Zeit als Paar in der 1. und 2. Säule gespart wurde. Das ist besonders für die Person nachteilig, die sich während der Beziehung hauptsächlich um den Haushalt gekümmert hat.
2. Fehler: Man fängt zu spät mit der Planung der Pension an
«Viele Optimierungsmöglichkeiten müssen bereits frühzeitig eingeleitet werden, um vollständig in der Pension davon profitieren zu können», sagt Andreas Lichtensteiger, Vorsorgeexperte und Geschäftsführer von Vermögenspartner. So sollte man im Alter von etwa 40 bis 45 Jahren sich das erste Mal mit der Planung auseinandersetzen und notwendige Schritte einleiten. Dazu gehört beispielsweise ein zusätzliches 3a-Konto, wenn der Saldo rund 50'000 Franken übersteigt. Tut man das nicht, zahlt man beim Bezug meistens zu viel Steuern, weil man diesen nicht staffeln kann. In diesem Alter ist es auch sinnvoll dem Vermögensaufbau entsprechend Beachtung zu schenken und allfällige Anlagen auf die Zeit bis zur Pensionierung auszurichten.
Eine detaillierte Planung der Pensionierung macht zudem ab Alter 55 Sinn. Zu diesem Zeitpunkt kann es beispielsweise sinnvoll sein, einen Einkauf in die Pensionskasse näher zu prüfen. Gleichzeitig sollte auch eine Änderung der Lebensumstände – Wechsel des Wohnorts oder Scheidung - dazu genutzt werden, um die Vorsorge einem Check zu unterziehen und allenfalls neu auszurichten. Generell gilt: Je früher man sich mit dem Thema Pensionierung auseinandersetzt, desto grösser ist der Handlungsspielraum.
3. Fehler: Nicht oder zu spät privat vorsorgen
Nach der Pensionierung decken die erste (AHV) und die zweite Säule (Pensionskasse) nur etwa 60 Prozent des letzten Lohnes ab. Zu spät oder gar nicht privat vorsorgen kann daher zum Bumerang werden. Denn je höher das Einkommen, desto grösser ist in der Regel die Vorsorgelücke. «Nichts machen und sich auf die AHV verlassen ist sehr gefährlich», warnt daher Pensionskassenspezialist André Tapernoux vom Beratungsunternehmen Keller Experten.
Das in der Schweiz wohl beliebteste Instrument in Sachen privater Vorsorge ist die gebundene Säule 3a. Mithilfe dieses Vorsorgemittels kann das eigene Alterseinkommen, welches mithilfe der ersten und zweiten Säule bereits ein gewisses Mass an Absicherung erhalten hat, weiter verbessert werden. Jedes Jahr wird ein bestimmter Betrag auf ein entsprechendes Konto einbezahlt. Der Maximalbetrag für Einzahlungen beträgt für Arbeitnehmer, welche über ihre Arbeitsstelle an eine Pensionskasse angebunden sind, aktuell 7056 Franken. Ein positiver Nebeneffekt: Mit der Einzahlung in die 3. Säule kann man auch Steuern sparen. Der einbezahlte Betrag kann jährlich vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Was es sonst noch bei der Säule 3a zu beachten gilt, erfahren Sie hier.
4. Fehler: Falsch oder gar nicht privat investieren
Man sollte beim privaten Alterssparen nie alle Ersparnisse an einem Ort investieren: Dies gilt insbesondere für illiquide Anlagen wie eine Immobilie oder eine Firma. Doch auch zu viel in Cash zu halten ist keine Lösung. Denn Bargeld hat keine Rendite, und auch Bankkonti haben Zinsen, die meistens tiefer als die Inflation sind.
Wer einen langen Anlagehorizont hat, kann Risiken eingehen und so eine höhere Rendite erwirtschaften. Der Zinseszinseffekt wirkt umso stärker, je länger der Anlagehorizont und je höher die Rendite. Einerseits lässt man so das Geld für sich arbeiten und andererseits schützt man das Vermögen vor Inflation. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Zeit nach der Pensionierung. «Auch im Alter sollten Gelder, die längerfristig nicht für den Lebensunterhalt gebraucht werden, in Wertschriften angelegt werden», sagt Klein.
Auch bei Aktieninvestments für die Altersvorsorge lauern Gefahren: «Wer sich zu viel Sorgen macht, handelt oft irrational, indem er zum Beispiel nach einem Crash Aktien verkauft oder Anlagen dann kauft, wenn sie in den letzten Jahren stark gestiegen sind», sagt Tapernoux.
5. Fehler: Externe Faktoren bei der Planung nicht berücksichtigen
Die Veränderung externer Faktoren wird bei der Pensionierungsplanung oftmals unterschätzt. So sollte berücksichtigt werden, dass die Inflation langfristig ausgeglichen werden muss, um den Lebensstandard zu halten. Denn nur bei der ersten Säule (AHV) gibt es einen Inflationsschutz bei den Renten. Die durchschnittliche Inflation in der Schweiz lag in den letzten 45 Jahren bei rund 1,5 Prozent. Was die Inflation für die Schweizer Altersvorsorge bedeutet, hat cash.ch hier aufgezeigt. «Auch potenziell tiefere Umwandlungssätze in der zweiten Säule oder eine mögliche AHV-Revision sollten in die Überlegungen miteinbezogen werden», fügt Lichtensteiger an.
6. Fehler: Annehmen, dass nach der Pensionierung die Ausgaben sinken
«Eines der grössten Aha-Erlebnisse bei der Vorsorgeplanung ist oftmals das errechnete Einkommen im Ruhestand und die damit einhergehende Einkommenslücke im Vergleich zum verfügbaren Einkommen bei Berufstätigkeit», sagt Klein. Eine Reduktion der Ausgaben nach der Pensionierung um mehr als 20 Prozent bei gleichzeitiger Fortführung des gewohnten Lebensstandards ist nicht realistisch. Die Steuerbelastung sinkt beispielsweise nicht so stark wie erwartet. Und da Rentnerinnen und Rentner immer gesünder und länger leben, entstehen neue und teurere Ansprüche hinsichtlich Konsum und Freizeitverhalten. Zudem haben sie mehr Zeit, sich persönliche Wünsche wie eine längere Reisen zu erfüllen, was wiederum zusätzlich ins Geld geht.
7. Fehler: Das Thema Steuern vernachlässigen
«Die Planung der Altersvorsorge hängt meist auch mit der Planung der Steuern zusammen. Dort werden die meisten Fehler gemacht. Das ist ärgerlich, weil es schnell um hohe Beträge geht und man die Entscheide nicht mehr rückgängig machen kann», sagt Lichtensteiger.
So sollte man nach Möglichkeit Geld in der Säule 3a anlegen, da dort der einbezahlte Betrag - wie bereits erwähnt - jährlich vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden kann. Gleiches gilt für freiwillige Einzahlungen in die Pensionskasse. Und wer Pensionskassen-, Freizügigkeits- und Säule-3a-Guthaben über mehrere Jahre verteilt bezieht, spart leicht mehrere Tausend Franken. Zusätzlich kann auch eine Teilpensionierung oder ein frühzeitiger Vorbezug für den Erwerb von Wohneigentum zu wesentlichen Steuereinsparungen führen. Wichtig ist es, dass diese Massnahmen aufeinander abgestimmt werden, um den grösstmöglichen Effekt zu erreichen.
8. Fehler: Mit unvollständiger Entscheidungsbasis planen
Wichtige Entscheide betreffend der Altersvorsorge ohne genaue Berechnungen und Vergleiche aus dem Bauch heraus zu entscheiden, kann irreversibel teuer werden. «Ob sich beispielsweise ein Pensionskasseneinkauf, ein AHV-Vorbezug oder Aufschub, der Bezug einer Überbrückungsrente oder der Abschluss einer Leibrente lohnt, kann individuell und genau berechnet werden», sagt Lichtensteiger. Welches das ideale Alter zum freiwilligen Pensionskasseneinkauf ist, erfahren Sie hier.
Das gleiche gilt beim Thema Frühpensionierung: Was ein Jahr früher in Rente zu gehen finanziell ausmacht, kann man fast auf den Franken genau berechnen, wenn man alle Daten entsprechend genau zusammenträgt. Neben dem fehlenden Erwerbseinkommen kommt bei einer Frühpensionierung auch ein tieferer Umwandlungssatz zur Anwendung, was die finanzielle Situation weiter belastet. Wie stark der Einfluss ausfällt, ist von vielen Faktoren sowie der individuellen Situation abhängig. Auch das Thema «Rente oder Kapital» ist für die meisten mit zu vielen Emotionen behaftet. Die Vor- und Nachteile können gut gegeneinander abgewogen werden.
Während bei einem Rentenbezug vor allem die Sicherheit als wesentlicher Vorteil gilt, ist dies bei einem Kapitalbezug die Flexibilität und die Absicherung der Hinterbliebenen – insbesondere Kinder. Auch muss beachtet werden, dass für die Rente aus der Pensionskasse in der Regel kein Inflationsausgleich erfolgt und somit die Rente sukzessive an Kaufkraft verliert. Bei einem Kapitalbezug kann dieser Nachteil durch eine passende Anlagestrategie in der Regel ausgeglichen werden - gewisse Anlagerisiken müssen aber in Kauf genommen werden. Daher ist es wichtig, bei der Planung der Pensionierung auch eine auf die persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Anlagestrategie zu definieren und langfristig sowie konsequent umzusetzen.
9. Fehler: Beitragslücken in der AHV unterschätzen
Jedes fehlende Beitragsjahr reduziert die AHV-Rente um 2,3 Prozent. Auch wer nicht arbeitet, ist ab dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahrs bis zum Erreichen des Referenzalters AHV-pflichtig. Studentinnen und Studenten, Weltreisende, aber auch viele Frühpensionäre sind sich dessen oft nicht bewusst. Eine unverbindliche Schätzung der AHV-Rentenleistung kann hier vorgenommen werden.
10. Fehler: Geld aus der zweiten Säule nicht einfordern
Steht ein Jobwechsel an oder man verlässt den Arbeitgeber ungewollt, muss man selbst eine Überweisung der Leistungen aus der Pensionskasse des ehemaligen Arbeitgebers an die neue berufliche Vorsorgeeinrichtung oder an eine Freizügigkeitsstiftung - wenn man nicht erwerbstätig ist – veranlassen. Viele Arbeitnehmer versäumen es unbewusst, ihre Leistungen einzufordern, wenn sie einen Arbeitgeber verlassen.
Wer nach allfälligen vergessenen Pensionskassengelder sucht, kann bei der Zentralstelle 2. Säule ein kostenloses Gesuch stellen. Dazu braucht es nur Name, Adresse, Geburtsdatum und die AHV-Nummer in ein Formular einzufüllen und abzuschicken. Diese Suche ist gratis.
Dieser Artikel wurde erstmals auf «Cash.ch» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.cash.ch.
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