Jetzt hat ihn der Vincenz-Strudel also doch noch erfasst und in die Tiefe gerissen. CEO Patrik Gisel (56) wird die Raiffeisenbank Ende Jahr verlassen, wie heute Morgen bekannt wurde.
Der Raiffeisen-Chef hatte sich monatelang an seinen Job geklammert, auf den er als Nummer zwei hinter Sonnenkönig Pierin Vincenz (61) einst lange 13 Jahre warten musste.
Keine Schuld bewiesen
Seit Vincenz Ende Februar in Untersuchungshaft genommen wurde, war von Anfang an dieses kaum aufzulösende Problem: Entweder Gisel wusste etwas von Vincenz' Übeltaten – für ihn gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. Oder er wusste nichts davon, was bedeuten würde, dass er als Vincenz' Stellvertreter nicht aufmerksam genug war.
Gisels Strategie: Er sagte, Vincenz hätte ihn so gemein getäuscht, dass er nichts davon mitkriegen konnte. Tatsächlich konnten die wenigen veröffentlichten Happen – zum Beispiel aus dem Finma-Bericht vergangene Woche – Gisel nicht viel anhaben.
«Unfaire Angriffe»
Warum geht er dann überhaupt? Gisels Begründung: Allein die Jahre der Vertrautheit mit Vincenz hätten zu Kritik aus den Medien geführt.
In seinem Abschieds-Mail an «sehr geehrte Geschäftspartner, liebe Freunde und Bekannte», das er heute Morgen verschickte und das BLICK vorliegt, beklagt er sich über «unfaire Angriffe» auf seine Person. Diese wolle er beenden und gleichzeitig die Reputation der Bank schützen.
Mit anderen Worten sagt Gisel: Die Medien sind schuld, weil sie Gisel zu Unrecht angegriffen haben. Das wirkt nicht echt. Die Kritik war zu Beginn der Affäre stärker, Gisel zeigte damals ein dickes Fell.
War es der VR?
Die wahrscheinlichere Erklärung für Gisels Abgang ist, dass der Schnitt von oben kam. Von Interims-Präsident Pascal Gantenbein (48) zum Beispiel, der eine eigene Agenda hat: Er will an der ausserordentlichen Delegiertenversammlung im November fix als Präsident gewählt werden.
Zwar unterstützte Gantenbein Gisel lange. Doch dies gefiel nicht allen Delegierten. Was wiederum Gantenbeins Chancen auf das Präsidium schwächte. Möglich, dass er darum einschritt. Möglich aber auch, dass andere Mitglieder des Verwaltungsrats das endgültige Ende der Ära Vincenz wollten.
Wie das geschieht, ist gut für die Bank. Und – mit dem fahlen Beigeschmack der unnötigen Medienschelte – auch für Gisel, der mit seinem Leistungsausweis in der Wirtschaft ein gefragter Mann bleiben wird. Vorausgesetzt, die laufenden Untersuchungen durch Staatsanwaltschaft und die Raiffeisen-internen Experten reissen ihn nicht noch weiter in den Vincenz-Strudel hinein.